Frauen im Netzwerk der Demonstrationsbetriebe

Frauen im Netzwerk der Demonstrationsbetriebe

Wie steht es um die Gleichberechtigung der Frauen im Netzwerk Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau? Frauen aus dem Netzwerk stellen sich vor und erzählen, wie sie zum Öko-Landbau gekommen sind. Dass der Frauen-Anteil in der Bio-Branche wächst, bedeutet jedoch nicht, dass der Kampf um Gleichberechtigung sein Ziel bereits erreicht hat: Bäuerinnen werden noch immer weniger wertgeschätzt als ihre männlichen Kollegen und die Care-Arbeit auf den Höfen bleibt meist an den Frauen hängen.

Frauen sollten nicht die männlichen Verhaltensweisen übernehmen

"Lern was Gscheites Kind! Als Gärtner verdienst du nix!" Diesen Satz hat Kathrin Lewandowski von der Umbach Bioland Gärtnerei in ihrer Kindheit so oft gehört, dass sie nicht ihrem grünen Herzen folgte, sondern stattdessen den Modeberuf 'Mediengestalterin' lernte. 15 Jahre lang hielt sie – die Fassade des großen Geldes, die die ungeliebte Arbeit am Computer rechtfertigen sollte. Mit 30 Jahren bewarb sie sich um einen Ausbildungsplatz bei der Umbach Bioland Gärtnerei und absolvierte dort aus Überzeugung ihre Gärtnerlehre in der Fachrichtung Bio-Zierpflanzenbau. Sie hat ihre Entscheidung nie bereut und ist unglaublich stolz, diesen Schritt gewagt zu haben.

Im Zierpflanzenbau der Umbach Gärtnerei beobachtet Kathrin, dass aktuell mehr weibliche als männliche Mitarbeitende beschäftigt sind. Trotzdem: "Frauen auf dem Schlepper sind immer noch eine Attraktion" und gelten als "stark", wenn sie sich klassisch männlich verhalten. Der Kollege, der seiner Arbeit auf dem Traktor nachgeht, wird hingegen nicht als "starker Mann" bezeichnet. Das darf sich, ihrer Meinung nach, dringend ändern. Die Ursache dieses Problems sieht sie schon in der Kindererziehung. Warum bekommen Jungs Traktoren geschenkt und Mädchen meist eine Barbie?

Kathrin wünscht sich eine Zukunft in der die Bezeichnung "starke Frau" hinfällig ist. Der Begriff führt dazu, dass sich Frauen, die nicht diese klassisch männlichen Verhaltensweisen an den Tag legen, oft "schwach" fühlen. Das darf nicht sein.

Eine diverse und ausgeglichene Gesellschaft braucht ebenso diverse Menschen, damit alle mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften ihren Teil beitragen können.

Die Reihe "Starke Frauen" ist eine Aktion des Netzwerks Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau. Auf dem Instagram-Kanal @biohoefe finden Sie alle 25 Frauen der Reihe und ihre Geschichten.

Doppelrolle Bauernhofleitung und Mutter

Birte Kaemena vom Biohof Kaemena ist auf dem Milchvieh-Betrieb ihrer Eltern aufgewachsen. Als sie Bauingenieurswesen studierte, übernahm ihr Bruder den elterlichen Hof. An der Fachhochschule traf sie dann auf ihren heutigen Ehemann und zog mit auf den Betrieb der Schwiegereltern.

Als Mutter von drei Kindern genießt sie es, von zuhause arbeiten zu können und die Kinder aufwachsen zu sehen. Das funktioniert nur, da die ganze Familie an einem Strang zieht. Ein strukturierter Tagesablauf ist dabei das A und O. Morgens versorgt Birte die Kinder und bringt sie zur Schule. Dann setzt sie sich an all die administrative Aufgaben rund um den Hof. Das Hof-Café leitet sie ab mittags parallel zur Hausaufgabenbetreuung der Kinder.

"Ich könnte mir heute nicht mehr vorstellen, in der Stadt zu leben." erklärt Birte. Trotzdem findet sie, dass das Rollenbild der Frau vor allem auf dem Land Überholungsbedarf hat.

Kinder, Kälber, Küche,

wie sie sagt, liegen hier noch überwiegend in weiblicher Hand. Für die Zukunft wünscht sich Birte, dass mehr junge Leute in die Landwirtschaft eintreten und helfen, den Biohof Kaemena weiterzuentwickeln. "Ich bin sehr stolz auf unseren Hof und das, was wir als Familie daraus machen!" Sie hofft, ihr Mindset an die kommende Generation weitergeben zu können.

Frauen sollten häufiger das Sagen haben!

Von der Landschaftsarchitektur zur Landwirtschaft – und das, weil sich Silvia Rutschmann vom Hof Gasswies vor 25 Jahren erst in einen Bauern und dann in seine Kühe verliebt hat. Gemeinsam mit dem Bauern, der heute ihr Mann ist, leitet sie den Demeter-Betrieb in Klettgau, Baden-Württemberg, und hat viel Spaß daran.

Auch wenn sie mittlerweile nicht mehr so häufig im Stall oder auf dem Feld mitanpackt, hat Silvi neben dem obligatorischen Papierkram alle Hände voll zu tun. Sie kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Hofes, die Direktvermarktung der hofeigenen Produkte und die Betreuung der Feriengäste. Sie zeigt Menschen, die sonst keine Berührungspunkte mit Landwirtschaft haben, was einen Bio-Betrieb so besonders macht und weckt in ihnen Begeisterung für den Ökolandbau – das erfüllt sie mit Stolz.

Luft nach oben hat ihrer Meinung nach die Gleichstellung der Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben. Oft gäben immer noch die Männer den Ton an bei wichtigen Entscheidungen, und in ihrer Umgebung sieht sie selten Frauen in Führungspositionen.

Aber ohne Frauen läuft es nicht!

Sie fahren Mähdrescher, halten die Bücher in Ordnung und bereichern Höfe mit innovativer Kraft. Deshalb fordert Silvi mehr Wertschätzung für ihre weiblichen Kolleginnen.



Mut für Hofnachfolge und Quereinstieg

Theresa Gerike vom Elbers Hof hat die Arbeit auf einem landwirtschaftlichen Betrieb erst über Umwege kennen und lieben gelernt. Sie war Kundin auf dem Elbers Hof und sehnte sich während der Pandemie nach einer noch sinnvolleren Beschäftigung als ihrer Tätigkeit als Marketingreferentin. Sie wollte weniger Homeoffice, mehr körperliche Arbeit und vor allem Verbindung mit realen Menschen. All das bot ihr die (vorerst nebenberufliche) Arbeit im Packteam des Elbers Hofs. Dann wurde ein Teammitglied für den Marketingbereich gesucht und sie ergriff die Chance. Theresa kündigte ihre bisherige Anstellung und stieg Vollzeit auf dem Elbers Hof ein.

Für Theresa bedeutet Landwirtschaft vor allem, Dinge gemeinsam anzupacken. Sie arbeitet täglich in engem Kontakt mit ihren Kolleginnen und Kollegen, um herauszufinden, welche Themen gefragt sind oder was sich Kundinnen und Kunden wünschen. Und wenn ein Beitrag oder eine Aktion gut ankommt, merkt Theresa das – anhand der Likes, vor allem aber durch persönliche Nachrichten und Wertschätzung von Menschen, die ihre Verbindung zu den Themen teilen.

Egal ob Gärtnerin, Tierwirtin, Bürokauffrau, Mechanikerin oder Verkäuferin – das Spektrum an Berufen in der Landwirtschaft ist groß. Und immer mehr Landwirtinnen übernehmen die Betriebe ihrer Väter oder entscheiden sich dafür, als Quereinsteigerinnen in der Landwirtschaft zu starten - so wie Theresa. Sie beobachtet auch, dass oft die Frauen das Netzwerk bilden und zusammenhalten. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass das Interesse der Menschen für die Herkunft ihrer Lebensmittel weiter steigt und die Strukturen innerhalb der Landwirtschaft transparenter werden. Denn:

Mädchen aus der Stadt und teilweise sogar aus ländlichen Gebieten müssen wissen, welche Bereiche in den landwirtschaftlichen Betrieben existieren, um Interesse dafür zu entwickeln.

Wie viel Prozent der Betriebsleitungen im Jahr 2020 waren Frauen?

Der Anteil der Frauen in der Betriebsleitung lag im ökologischen Landbau bei 13 Prozent und in der konventionellen Landwirtschaft bei 11 Prozent.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Austausch über das BioFrauenNetzwerk

Bereits als Teenagerin trieben Stephanie Strotdrees vom Bioland-Hof Strotdrees existenzielle Fragen um: Was tun wir für die Gerechtigkeit zwischen Nord- & Südhalbkugel der Erde? Was für den Erhalt unserer Schöpfung? Wie machen wir gesunde Lebensmittel für jede und jeden zugänglich? Mit dem Ziel, die Welt zu verbessern, fand sie Antworten im ökologischen Landbau, wo sie dann auch eine Ausbildung begann.

Mit ihrer Begeisterung für den Öko-Landbau steckte sie später ihren Mann Ludger an. Die beiden stellten den bis dato konventionell bewirtschafteten Hof in zwölfter Generation auf biologische Wirtschaftsweise um. Seit 1991 gehört der Hof Strotdrees nun dem Bioland-Verband an, in dem Stephanie bereits die Vize-Präsidentin war.

Krise ist überhaupt nicht mein Begriff.

sagt die Landwirtin über sich selbst und unterstreicht dies mit ihrem Improvisationstalent: In Zeiten steigender Inflation sinken die Abnahmezahlen der Eier? Dann werden übriggebliebene Eier zu Nudeln verarbeitet und an die Kunden zu Weihnachten verschenkt – inklusive einer Nachricht, die auf die Hühner aufmerksam macht, die auch trotz der Krise jeden Tag Eier legen.

Sich regelmäßig selbst zu reflektieren und die eigenen Handlungsweisen zu prüfen, ist Stephanie besonders wichtig – erst recht mit Blick auf die kommenden Generationen. 2018 gründete sie mit anderen Frauen aus der Bio-Branche das BioFrauenNetzwerk ermöglicht so den Frauen in der Landwirtschaft und angegliederten Organisationen Austausch und Vernetzung.


Letzte Aktualisierung 06.03.2024

Demonstrationsbetriebe Ökolandbau

Bio live erleben!

Die Betriebe des Netzwerkes öffnen ihre Hoftore für die Öffentlichkeit.

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