100 Prozent Bio im Betriebsrestaurant

100 Prozent Bio im Betriebsrestaurant

Das Betriebsrestaurant im Hause Allianz Trade in Hamburg serviert seit 2022 Gerichte in 100 Prozent Bio-Qualität. Betriebsleiter Denis Florschütz ist überzeugt: "Wer das möchte, der schafft das auch". Im Interview erklärt er, wie man ein Netzwerk mit regionalen Lieferanten aufbauen kann.

Auf einen Blick

  • Betriebsrestaurant im Hause Allianz Trade in Hamburg-Bahrenfeld
  • Catering: apetito catering B.V. & Co KG
  • 250 bis 650 Essen pro Tag
  • Biozertifiziert für alle selbst produzierten Speisen seit 2022
  • Bioland zertifiziert in der Kategorie "Gold" seit 2022

Oekolandbau.de: Warum haben Sie sich dafür entschieden, im Betriebsrestaurant Bio-Lebensmittel einzusetzen?

Denis Florschütz: Bei uns kam der Impuls vom Kunden: Nachdem wir aus einem alten, sehr großen und wenig energieeffizienten Gebäude umgezogen waren, lagen die Treibhausgas-Emissionen der Betriebsgastronomie am neuen Standort auf Platz drei. Da gab uns der Vorstand den Auftrag zu prüfen: Wie kann das Betriebsrestaurant nachhaltiger werden? Wir haben uns hingesetzt und überlegt, was wir tun können. Von Anfang an war klar: Wenn wir auf Bio umstellen, dann richtig. 100 Prozent Bio – das war unser Ziel. Aus Gründen des Klimaschutzes, aber auch aus Kostengründen haben wir uns dafür entscheiden, mit der Umstellung auf Bio auch den Anteil der Fleischgerichte zu reduzieren.

Oekolandbau.de: Was heißt das konkret?

Denis Florschütz: Früher gab es bei uns jeden Tag eine Auswahl von fünf Gerichten, davon waren vier mit Fleisch oder Fisch. Wir haben dann den Speiseplan so umgestaltet, dass von den vier Gerichten im neuen Gebäude meist nur eines mit Fleisch oder Fisch ist. Auf diese Weise war es möglich, die Mehrkosten auf rund 30 Prozent zu begrenzen. Zudem haben wir die Preise für das Mittagessen angepasst: Ein vegetarisches oder veganes Gericht kostet jetzt 50 Cent mehr als vorher, ein Gericht mit Fleisch oder Fisch 1,50 Euro mehr. Insgesamt liegen die Preise für ein Mittagessen zwischen vier und acht Euro.

Oekolandbau.de: Wie haben die Tischgäste darauf reagiert?

Denis Florschütz: Um das zu erfahren, haben wir vorher eine Umfrage gemacht, an der sich rund 800 der 1.100 Tischgäste beteiligt haben. Da gab es nur zwei Antwortmöglichkeiten: Ja oder nein. Und das Ergebnis war eindeutig: 89 Prozent wollten die Umstellung auf Bio inklusive der Preisanpassung. Das hat uns schon überrascht. Auch der Betriebsrat fand das gut und der Vorstand stand einstimmig dahinter. So hatten wir die Breite des Hauses hinter uns und genügend Rückendeckung, um das alles zügig umzusetzen. Vom Beschluss bis zur Bio-Zertifizierung brauchten wir nur sechs Monate.

Oekolandbau.de: Wählen die Tischgäste jetzt mehr vegetarische und vegane Gerichte?

Denis Florschütz: Tatsächlich konnte der Anteil der verkauften vegetarischen und veganen Gerichte von 30 Prozent im Jahr 2019 auf 59 Prozent im Jahr 2023 erhöht werden. Das basiert auf freiwilligen Entscheidungen. Die Tischgäste können immer auswählen. Und natürlich gibt es auch bei uns noch viele Fleischfans. Doch der Zuspruch für Gerichte ohne Fleisch steigt, gerade auch bei den Flexitariern. Einfach weil es im Betriebsrestaurant ein attraktives Angebot an vegetarischen und veganen Gerichten gibt.

Oekolandbau.de: Wie haben Sie geeignete Bio-Lieferanten gefunden? Sind Sie als Teil eines großen Catering-Unternehmens nicht daran gebunden, die Produkte bei gelisteten Lieferanten einzukaufen? War das ein Problem?

Denis Florschütz: Ich konnte unseren Einkaufsleiter davon überzeugen, dass es in unserem Fall Sinn macht, wenn ich selber nach geeigneten Bio-Lieferanten suche. Dabei habe ich viel Unterstützung erfahren. Beispielsweise durch den Verein hamburg.bio e.V. und durch Bioland. Jetzt sind von mir ausgewählte Bio-Lieferanten bei uns im Unternehmen gelistet. Wenn sich ein weiterer Betrieb dafür entscheidet, auf Bio umzustellen, kann er diese Lieferanten direkt einbeziehen.

Oekolandbau.de: Hat für Sie eine Rolle gespielt, ein Netzwerk regionaler Lieferanten aufzubauen?

Denis Florschütz: Ja, auf jeden Fall. Deshalb sind wir auch mit Bioland eine Partnerschaft eingegangen. Denn Bio allein genügt uns nicht. Wir haben uns als Ziel gesetzt, die Bio-Produkte so regional wie möglich einzukaufen. Weil wir aber gleichzeitig die Anzahl der Lieferanten begrenzen müssen, haben wir uns regionale Händler gesucht, die eng mit regionalen Erzeugern zusammenarbeiten. Das hat sich bewährt.

Regionale LieferantenProdukte
Grell Naturkost, KaltenkirchenObst und Gemüse, Molkereiprodukte, Trockenware, Gewürze, Tierkühlprodukte, Aufschnitt, Getränke
Deutsche See, HamburgFisch, Meeresfrüchte
Tofu Manufaktur Christian Nagel, EllerbekTofu, Räuchertofu, Tempeh, Seitan
Bio-Fleischerei Fricke, EllerbekRindfleisch, Schweinfleisch, Geflügel, Knochen, Wurst, Aufschnitt
Bäckerei Bahde, SeevetalBrot, Brötchen
nabuko, UelzenObst und Gemüse, Schnittgemüse, geschältes Gemüse

Oekolandbau.de: Hat sich die Umstellung auf Bio auf den Anteil eingesetzter Convenience-Produkte ausgewirkt?

Denis Florschütz: Ja, das hat es. Durch die Umstellung auf Bio mussten wir den Anteil von Convenience-Produkten etwas reduzieren. Das lag zum einen am etwas geringeren Angebot im Bio-Bereich – das passt aber auch zu unserem Qualitätsanspruch. Es gibt Tage bei uns, da ist die geschälte Kartoffel das einzige Convenience-Produkt im Speiseplan. Wir haben inzwischen eine sehr hohe Fertigungstiefe. So kochen wir das Hühnerfrikassee aus ganzen frischen Hühnern. Wir machen die Soßen und Suppen selbst und schnippeln viel Gemüse. Insgesamt liegt der Convenience-Grad unserer Küche nur bei 10 bis 15 Prozent.

Oekolandbau.de: Was haben Sie im Prozess der Umstellung gelernt? Welche Erfahrungen und Tipps können Sie anderen mitgeben?

Denis Florschütz: Was ich in der Tat unterschätzt habe, ist die Bedeutung der internen Kommunikation. Es ist entscheidend für den Erfolg, das eigene Team immer auf dem Laufenden zu halten und im Prozess der Umstellung mitzunehmen. Beispielsweise hat sich durch die Umstellung auf Bio-Fleisch die Massenkalibrierung der Hähnchenkeulen verändert. Bio-Waren sind nicht so standardisiert wie im konventionellen Bereich. Hier entstand auch mal mehr Arbeit in der Küche. Solche Dinge müssen im Team offen besprochen werden. Aber man sollte sich davon auch nicht abschrecken lassen. Es kommt im Kern darauf an, dass sowohl die Unternehmensleitung wie auch das ganze Küchenteam hinter der Idee stehen. Dann finden sich immer Lösungen. Entscheidend ist das Mindset.


Letzte Aktualisierung 28.06.2024

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