Ökologische Wildsammlung

Ökologische Wildsammlung – was muss ich beachten?

Erntet man Früchte, Blätter, Blüten oder Samen von Pflanzen, die in freier Natur – also ohne jegliche Anbaumaßnahmen – wachsen, nennt man dies Wildsammlung. Wir erklären, welche Bedeutung das Sammeln von Wildpflanzen hierzulande hat und welche Regeln, insbesondere für die ökologische Wildsammlung, zu beachten sind.

Unter Wildsammlung versteht man das Sammeln von Pflanzen bzw. Pflanzenteilen an ihrem natürlichen, vom Menschen weitestgehend unbeeinflussten Wuchsstandort. Die Wildsammlung spielt vor allem im Bereich Saatgut (zur Herstellung regionaler Saatgutmischungen) und Heil- und Aromapflanzen eine bedeutende Rolle. Aber auch Nahrungspilze wie zum Beispiel Steinpilze oder Pfifferlinge werden wild gesammelt.

Etwa 500 verschiedene Arten an Pflanzen und Pilzen stammen aus deutscher Wildsammlung. Global gesehen spiele die deutsche Wildsammlung jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

"Marktrelevante Mengen kommen hauptsächlich aus Südosteuropa, China oder Indien", sagt Peter Riedl, Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung Anbau und Züchtung beim Naturarzneimittelhersteller Salus Haus. "Dort stammen die Wildpflanzen meist aus strukturschwachen Regionen, in denen die Wildsammlung eine lange Tradition hat und eine wichtige Einkommensquelle darstellt." Über die weltweit größte, nichtlandwirtschaftlich genutzte Öko-Fläche verfügt Finnland: Dort werden auf einer Sammelfläche von circa sieben Millionen Hektar Beeren und Früchte gesammelt.

Wildsammlung meist im Nebenerwerb

In Deutschland gibt es nur wenige Spezialistinnen und Spezialisten, die Ihren Lebensunterhalt allein mit der Wildsammlung verdienen. Die allermeisten Sammlerinnen und Sammler machen dies im Nebenerwerb. Viele Sammlerinnen und Sammler kommen aus dem "Pflanzensektor", das heißt sie sind Försterin oder Förster, Gärtnerin oder Gärtner oder Landwirtin oder Landwirt. Manche Firmen führen auch Sammelkampagnen durch und suchen nur für einen begrenzten Zeitraum Sammelnde. Dann sind häufig auch Studierende aktiv.

Ein großer Teil der Wildpflanzen wird hierzulande aber auch von Kräuterpädagoginnen und Kräuterpädagogen sowie kundigen Privatpersonen gesammelt, die die Fülle der nutzbaren Wildkräuter und -früchte kennen. Das "professionalisierte" Sammeln ist in Deutschland also sehr selten. Andere Länder, wie zum Beispiel Frankreich, haben hier andere Strukturen. Dort gibt es sogar eine Ausbildung zum Wildsammler/zur Wildsammlerin.

"Derzeit ist die Altersstruktur bzw. die Überalterung der Sammler ein großes Thema", sagt Riedl. "Es gibt von Jahr zu Jahr weniger verfügbare Sammler, nicht nur in Deutschland, sogar in Osteuropa."

Welche Pflanzen werden hierzulande wild gesammelt?

Zu den bedeutenden Heil- und Arzneipflanzen, die in Deutschland für gewerbliche Zwecke gesammelt werden, zählen laut Peter Riedl Weißdorn, Kastanien, Lindenblüten oder Misteln. Darüber hinaus werden giftige Arten wie Fliegenpilze, Fingerhut oder Herbstzeitlose gesammelt, insbesondere für die Herstellung homöopathischer Arzneimittel. Außerdem stammen Wildkräuter wie Bärlauch, Knoblauchrauke oder Gundelrebe, viele Teekräuter wie Schafgarbe, Johanniskraut oder Schachtelhalm sowie zahlreichen Pilze und Wildbeeren aus Wildsammlung.

Warum Wildsammlung?

"Die meisten Wildpflanzen sind für eine acker- oder gartenbauliche Kultur nicht geeignet", sagt Riedl. "Dies liegt vor allem daran, dass das Pflanzenmaterial meist sehr uneinheitlich und züchterisch nicht bearbeitet ist." Häufig finde man bei den Wildpflanzen auch sehr langsam wachsende Arten, die nur unter speziellen Bedingungen, wie sie der Wildstandort hergibt, gedeihen können.

Grundsätzlich ist es allerdings möglich, bestimmte Arten, zumindest in kleinerem Maßstab, gartenbaulich zu erzeugen. Eine Inkulturnahme sei teilweise jedoch aufwendig, so Riedl, und wird in diesem Bereich daher eher selten durchgeführt.

Als Beispiel ist der Bärlauch zu nennen: Ein feldmäßiger Anbau ist zwar möglich, problematisch sind beim Bärlauch aber die generative Vermehrung und die Standortansprüche. "Für die abnehmenden Firmen ist es häufig ein Abwägen zwischen Rohstoffsicherheit und Preis", sagt Riedl. Der Anbau gilt als sicher, sei in der Regel aber auch teurer.

Welche Pflanzen dürfen wild gesammelt werden und wo ist das geregelt?

In Deutschland sind grundsätzlich alle wild lebenden Pflanzen geschützt. Im Bundesnaturschutzgesetz steht dazu: Wildpflanzen dürfen nicht ohne vernünftigen Grund ihrem Standort entnommen werden. Weiterhin steht dort aber auch: "Jeder darf […] wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen."

Ob eine Art gesammelt werden darf oder nicht lässt sich am besten durch eine Abfrage in der WISIA-Artenschutzdatenbank des Bundesamts für Naturschutz (BfN) herausfinden. In dieser Datenbank sind besonders und streng geschützte Arten erfasst, die in der Regel nicht gesammelt werden dürfen.

Für das gewerbsmäßige Sammeln wild lebender, nicht besonders geschützter Pflanzen muss eine Genehmigung bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde für Naturschutz und Landschaftspflege beantragt werden.

Wo darf wild gesammelt werden?

Es muss geprüft werden, ob der geplante Sammelort in einem Schutzgebiet, zum Beispiel einem Naturschutzgebiet, liegt. Das Bundesamt für Naturschutz stellt auf seiner Internetseite eine Karte der Schutzgebiete in Deutschland zur Verfügung. Einige Bundesländer bieten ebenfalls hochauflösende digitale Karten an.

Im Rahmen des Genehmigungsprozesses ist die Sammelfläche auf entsprechendem Kartenmaterial genau zu kennzeichnen. Neben den naturschutzrechtlichen Aspekten muss noch die Erlaubnis der Grundstückseigentümerin oder des Grundstückeigentümers eingeholt werden.

Welche Regeln müssen beim Sammeln eingehalten werden?

"Die Regeln für die Wildsammlung ergeben sich aus den Schutzbestimmungen der genehmigenden Behörde sowie aus den Vorgaben der Abnehmenden", sagt Riedl.

In den Nebenbestimmungen der behördlichen Sammelgenehmigung wird zum Beispiel festgeschrieben, in welchem Zeitraum, welche Menge geerntet werden darf. Oder wie genau die Ernte technisch durchzuführen ist: Dürfen zum Beispiel Leitern benutzt werden? Dürfen Fahrzeuge bis zum Sammelpunkt fahren?

Von Seiten der Abnehmenden der Wildpflanzen wird, speziell im Bereich der Arznei- und Gewürzpflanzen, die Einhaltung der GACP-Richtlinie (Good Agricultural and Collection Practice) gefordert. In dieser Richtlinie werden neben den allgemeingültigen Vorgaben zur Produktion von pflanzlichen Rohstoffen im Kapitel 10 ("Collection") Vorgaben hinsichtlich der Qualifikation der Sammlerinnen und Sammler gemacht: Sind diese in der Lage die zu sammelnde Art von anderen ähnlichen Arten abzugrenzen? Und kennen Sie die entsprechende Artenschutzgesetzgebung? In knapper Form werden dort außerdem Nachhaltigkeitsaspekte angesprochen. Außerdem gibt es von abnehmender Seite meist noch Standardarbeitsanweisungen (SOPs), in denen alle Anforderungen noch einmal zusammengefasst und erläutert werden.

Welche Gesetze, Verordnungen und Standards müssen bei der ökologischen Wildsammlung beachtet werden?

Neben dem Bundesnaturschutzgesetz samt Bundesartenschutzverordnung gilt für Öko-Wildsammler und -sammlerinnen die EU-Öko-Verordnung. Darüber hinaus haben einige ökologische Anbauverbände in ihren Richtlinien zusätzliche Anforderungen formuliert.

Daneben gibt es mit dem Internationalen Standard für die nachhaltige Wildsammlung von Heilpflanzen (ISSC-MAP) und dem Fair Wild Standard zwei Zertifizierungsmodelle, die zusätzlich zu den umweltbezogenen Nachhaltigkeitsaspekten auch die Themen soziale Gerechtigkeit und Fair Trade (Fair Wild) einbeziehen. Diese spielen vor allem eine Rolle für Wildsammlungen aus Ländern mit niedrigen sozialen und Umweltstandards.

Wie funktioniert die Bio-Zertifizierung bei Wildsammlungen?

Grundsätzlich sind für die Bio-Zertifizierung bei Wildsammlung die unabhängigen Öko-Kontrollstellen zuständig. Allerdings übernimmt nicht jede Kontrollstelle Zertifizierungsleistungen für den Bereich Wildsammlung. Dies muss bei der jeweiligen Kontrollstelle vorher erfragt werden. Neben nicht "öko-spezifischen" Angaben zu

  • Sammelgebiet,
  • Sammelerlaubnis,
  • korrekte Kennzeichnung,
  • dem genauen Ablauf der Sammlung,
  • möglichen Zwischenschritten bis zum Verkauf,
  • einer Vor-Ort-Prüfung von Sammelgebieten und Artenbeständen,

steht auch die Prüfung der Nachhaltigkeit der Sammlung im Fokus: So darf gemäß EU-Öko-Verordnung das Sammeln die ökologische Stabilität und den Artenerhalt im Sammelgebiet nicht bedrohen. Außerdem muss gewährleistet sein, dass die Flächen, auf denen gesammelt wird, drei Jahre vor dem Sammeln nicht mit für den Öko-Landbau unzulässigen Mitteln behandelt wurden.

Wie darf beziehungsweise muss die Bio-Wildsammlung gekennzeichnet werden?

Die EU-Öko-Verordnung macht bei der Kennzeichnung keinen Unterschied zwischen angebauten und gesammelten Pflanzen. Die ökologischen Anbauverbände haben diesbezüglich teilweise eigene Regeln in ihren Richtlinien formuliert. Naturland und Bioland beispielsweise fordern, dass Produkte aus Wildsammlung mit dem Zusatz "aus Wildsammlung" zu kennzeichnen sind. Genauere Informationen können beim jeweiligen Anbauverband erfragt werden.

Für Fragen zum Thema Ökologische Wildsammlung können Sie sich an Ökoplant e.V. – Verein für ökologischen Arznei und Gewürzpflanzenanbau wenden.


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Letzte Aktualisierung 21.02.2024

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