Oekolandbau.de: Bleibt Bio angesichts von Krieg und Krisen überhaupt noch im Trend?
Michael Radau: Die Frage begegnet mir in letzter Zeit häufiger und macht mir Sorgen. Wir sollten Bio nicht kaputtreden. Bio ist die Antwort auf viele gesellschaftliche Herausforderungen. Außerdem stimmen die Zahlen: Egal ob im Bio-Fachhandel oder im Lebensmitteleinzelhandel. Die Bio-Umsätze sind gewachsen. Nicht umsonst bauen die Discounter ihre Sortimente aus. Allerdings müssen wir 2019 als Vergleichsjahr nehmen. In den folgenden Coronajahren waren die Restaurants zu und die Menschen konnten nicht verreisen. Daher konnten sie mehr Geld für gute Lebensmittel investieren und hatten mehr Zeit zum Kochen.
Der Bio-Fachhandel muss Innovationstreiber bleiben und die Qualitätsstandards hochhalten. Aber es braucht gerade jetzt sichtbare Zeichen. Warum sollte unsere Bundeswehr nicht mit ökologischen Lebensmitteln versorgt werden? Ich habe Boris Pistorius, den ich aus seiner Zeit als Osnabrücker Oberbürgermeister kenne, bereits geschrieben.
Oekolandbau.de: Wie definieren Sie überhaupt Trends im Lebensmittelbereich?
Radau: In der Trendjury schauen wir uns in der Regel Entwicklungen an, die sich in den nächsten zwei, drei Jahren verstärkt in der Bio-Branche durchsetzen werden. Also Produkte, die verstärkt auf den Markt kommen. In den letzten Jahren waren das beispielsweise mehr pflanzliche Lebensmittel, Free-From-Produkte mit weniger Zusatzstoffen und die Reduzierung von Zucker. Aber wir achten auch auf geschmackliche Neuausrichtungen. Beispielsweise waren Kurkuma und Ingwer in vielen Bio-Produkten in der Vergangenheit Geschmackstrends.