Bioinsekten

In Zukunft Bio-Insekten essen

Beim Gedanken daran, Mehlwürmer und Heuschrecken zu essen, verschlägt es den meisten den Appetit. Als Burger oder Backzutat sind sie aber schon auf dem Markt. Aus ökologischer Sicht habe es enorme Vorteile, Insekten zu essen, bilanzieren BUND und Heinrich-Böll-Stiftung.

Würmer, Käfer und Heuschrecken sind deutlich bessere Futterverwerter als Rinder, Schweine und Geflügel. Außerdem brauchen Insekten viel weniger Wasser und Platz als andere Nutztiere und leben auch in der Natur auf engem Raum. Bei der Öko-Bilanz liegen sie meilenweit vor anderen Nutztieren, bilanziert der Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung. Vieles spricht also dafür, künftig mehr Insekten zu verspeisen. Natürlich keine in der Natur gefangenen, sondern aus nachhaltiger Zucht.

Noch ist das Bio-Insektenangebot mager

In den EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau kommen Insekten bislang nicht vor. Richtlinien für die Verarbeitung von Bio-Insekten fehlen ebenfalls. Entsprechend gibt es im Handel bisher nur einen europäischen Bio-Insektensnack aus kanadischen Bio-Würmern

Auch Bio-Insektenburger kommen bei uns noch nicht auf den Tisch: "Wir sind sehr daran interessiert, Bio-Insekten zu verwenden, aber unser Züchter bietet zurzeit leider noch keine an", erläutert Baris Özel, Geschäftsführer vom Burgerhersteller Bugfoundation. Etwas Schwung in die Sache könnten die neuen Naturland-Richtlinien für die ökologische Insektenzucht bringen. "Bevor die EU Richtlinien für die Aquakultur erlassen hat, gab es schon einen Naturland Aquakultur-Standard. Daran hat sich die EU orientiert. Genau darauf hoffen wir jetzt auch", so Markus Fadl von Naturland.

Naturland startet mit Bio-Futterinsekten

Die Naturland Richtlinie für die ökologische Insektenzucht definiert Haltungsbedingungen für sieben Arten von Käfern, Fliegen und Heuschrecken. Allerdings sind das alles Biofutterinsekten, also Arten, die sich als Proteinquelle für Hühner, Fische und Schweine eignen. Sie können Fischmehl als Futter ersetzen. Das Futter für die Insekten selbst muss aus ökologischer Herkunft stammen und sollte nicht mit menschlicher Nahrung konkurrieren. Wer Bio-Insekten züchten will, darf sie nicht verstümmeln, etwa die Flügel beschneiden oder gar die Sprungbeine von Heuschrecken entfernen. Damit Käfer und Co. gesund bleiben, müssen die Besatzdichten artgerecht sein. Die Tötung der Tiere muss mittels Temperaturschock direkt im Aufzuchtbetrieb erfolgen: Bei minus 18 Grad bekommen die wechselwarmen Tiere einen Kälteschock, bei 100 Grad einen Hitzeschock.

Bio-Insekten aus der Schweiz und Kanada

In Kanada und der Schweiz gibt es bereits eine Bio-Zertifizierung für Insekten. Bio Suisse (Knospe) hat für die Insektenzucht mit Schweizer Zuchtpionieren eigene Leitlinien verfasst. Hier gelten die gleichen Bedingungen wie für andere Nutztiere: Der Hof muss ausschließlich nach ökologischen Standards arbeiten. Irgendwo im Hinterhof ein paar Bio-Insekten zu züchten und seine Felder konventionell zu beackern, geht nicht. Sämtliche Futter-, Reinigungs- und Desinfektionsmittel müssen Bio-Qualität haben.

Fütterung und Haltung müssen der jeweiligen Art angepasst sein. Beispielsweise sind Mehlwürmer und Grillen lichtscheu und brauchen kein Tageslicht. Dagegen benötigen Wanderheuschrecken einen Tag-Nacht-Zyklus sowie UV-Licht. Die Hinterlassenschaften der Insekten müssen als Dünger an einen Bio-Betrieb gehen.

Forschung fehlt

Zu den Pionieren gehört das Schweizer Start-up Ensectable. "Wir füttern, wenn immer möglich, Nebenprodukte wie Biertreber oder unverkäufliche Bio-Gemüsereste", berichtet Geschäftsführer Benjamin Steiner. Die Insektenhalter machen sich viele Gedanken ums Tierwohl: "Die Aufzucht der Mehlwürmer dauert bei uns 16 Wochen. Man könnte es auch schneller machen, aber wir gönnen den Tieren gerne die zusätzlichen Wochen." Allerdings fehle es an Forschung. Niemand weiß, wie sich Insekten wirklich stressfrei töten lassen. "Die für Wirbeltiere geltende Definition von Schmerz lässt sich auf Insekten nicht anwenden, weil ihnen die dafür relevanten Hirnstrukturen fehlen. Um die verschiedenen Tötungsmöglichkeiten aus Sicht des Tierwohls besser zu verstehen, arbeiten wir aktuell in einem Projekt mit der ETH Zürich zusammen", so Tierarzt Steiner.



Letzte Aktualisierung 28.04.2023

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