Wie können Agroforst-Produkte erfolgreich vermarktet werden?

Wie können Produkte aus der Agroforstwirtschaft erfolgreich vermarktet werden?

Als Urform der Agroforstwirtschaft gilt die Streuobstwiese, deren Früchte sich zu Säften, Marmeladen, Trockenfrüchten oder Obstbränden verarbeiten lassen. Aber auch andere pflanzliche und tierische Produkte aus der Agroforstwirtschaft finden ihren Weg in die Vermarktung.

Was früher die Regel war, ist heute die Ausnahme: Die Kombination von Bäumen, Sträuchern, Ackerbau und Viehzucht auf einer Fläche. Die Rede ist von Agroforstsystemen. Als Urform dieser Landnutzungsform gilt die Streuobstwiese, bei der Obstbäume unterschiedlichen Alters und verschiedener Sorten zusammen mit Grünland als Weide oder Wiese auf einer Fläche stehen. Inzwischen ist das Interesse an modernen Agroforstsystemen aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile gestiegen. Aus diesen Systemen stehen zudem pflanzliche und tierische Produkte zur Vermarktung an. Ob von Getreide und Pflanzen, Obstbäumen und -sträuchern oder Nutztieren: Das Sortiment an Produkten aus der Agrofortwirtschaft ist sehr vielfältig. Erzeugt werden unter anderem

  • Brot und Backwaren,
  • Speiseöle,
  • Gemüse,
  • Kräuter,
  • Nüsse,
  • Säfte,
  • Marmeladen, Konfitüren, Fruchtaufstriche,
  • Trockenfrüchte,
  • Obstbrände,
  • Fleisch und Wurstwaren,
  • Milchprodukte wie Käse und Joghurt,
  • Honig.

Mehrwert für Mehraufwand erzielen

Die Anlage von Agroforstsystemen ist vor allem in den ersten Jahren mit höheren Investitionskosten und einem erhöhten Pflegeaufwand verbunden. Zudem dauert es einige Jahre, bis die Früchte der Bäume und Sträucher geerntet werden können. Die Kosten für diesen Mehraufwand werden in der Regel aber nicht gedeckt. Im Idealfall sollten sie aber durch die Vermarktung der Produkte zu einem gewissen Teil gedeckt werden. Denn ähnlich wie Bio-Produkte stehen Produkte aus der Agroforstwirtschaft für einen umweltschonenden Anbau und eine artgerechte Tierhaltung. Abgesehen von reinen Verkaufserlösen haben Agroforstsysteme positive Wirkungen auf Mensch und Natur, die unbezahlbar sind. Zu nennen sind hier unter anderem die Speicherung von Kohlenstoff, die Grundwasser-Neubildung, die Verringerung von Bodenerosion oder auch die Schaffung von Lebensraum für Nützlinge – Stichwort Biodiversität.

Mit dem Begriff Agroforstwirtschaft werden laut Angaben des Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF e.V.) Landnutzungssysteme bezeichnet, bei denen Gehölze mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung auf einer Fläche kombiniert werden. Zwischen den verschiedenen Komponenten entstehen dabei ökologische und ökonomische Vorteilswirkungen. In Agroforstsystemen kann eine Vielzahl an pflanzlichen und tierischen Produkten erzeugt werden.

Gütesiegel steigern den Bekanntheitsgrad

In ihrer Masterarbeit hat sich Zoé Jana Schierholz mit der Wertschöpfung von modernen Agroforstsystemen in Deutschland beschäftigt. Hinsichtlich der Vermarktung von Agroforst-Produkten leitet sie folgende Handlungsempfehlungen ab:

  • Eigene Vernetzung ausbauen, um Zugang zu Partnerinnen und Partnern sowie Erfahrungswissen zu erlangen,
  • Mut, neue Wege in Anbau und Produktentwicklung zu gehen,
  • Formen der Direktvermarktung oder Angebot über Onlineplattformen wie Marktschwärmer entwickeln,
  • Aktive Kommunikation mit Verbraucherinnen und Verbrauchern eingehen,
  • Politische Förderprogramme zum Aufbau von Wertschöpfungsketten in die Wege leiten.

Eine offizielle Zertifizierung der Systeme und die Kommunikation der Mehrwerte über ein Label am Produkt sind eine Möglichkeit, um die Bekanntheit der Agroforstwirtschaft zu erhöhen,

so das Fazit von Zoé Schierholz.

Ob Lebensmittel in einem Agroforstsystem produziert wurden, ist beim Kauf der Produkte bisher nicht ersichtlich. Um die Wahrnehmung von Agroforst-Produkten bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu steigern, bietet sich, wie zuvor beschrieben, ein Label an. Für Gänse aus Agroforstwirtschaft gibt es bereits ein erstes Gütesiegel mit folgenden Attributen:

  • in Freilandhaltung zwischen Bäumen mit viel Auslauf gehalten,
  • in einem natürlichen und nachhaltigen Lebensraum aufgewachsen.
  • kein Einsatz von Gentechnik.
  • mit betriebseigenem Futter (keine Mast) aufgezogen.
  • Zugang zu einer Wasserstelle und eine
  • begrenzte Gansanzahl

In vielen Punkten stimmen diese Merkmale mit dem Bio-Siegel überein. Cristopher Kopplin und Alexander Sänn von der Universität Bayreuth haben im Jahr 2020 eine Untersuchung zur Kundenwahrnehmung (PDF-Dokument) eines Agroforst-Gütesiegels durchgeführt. Sie kommen unter anderem zu dem Ergebnis, dass Produkte aus der Agroforst-Wirtschaft in den verschiedenen Vertriebskanälen auf unterschiedliche Art und Weise präsentiert werden sollten. So sollte der Fokus bei der Vermarktung beim Discount auf einem aussagekräftigen Produktnamen und einer ansprechenden, informativen Verpackung liegen. In Hofläden, sprich der Direktvermarktung, können hingegen mehr Informationen auf Verpackungen und Flächen angebracht werden und das Gütesiegel in den Vordergrund gerückt werden. 

Absatzchancen nicht nur in der Direktvermarktung 

Bei der Vermarktung von Agroforst-Produkten ist es laut DeFAF e.V. vorteilhaft, wenn die Kundinnen und Kunden bereits ein gewisses Bewusstsein für nachhaltige Produkte haben. Aus diesem Grund sind

  • Bioläden,
  • Hofläden,
  • regionale Vermarktungsinitiativen,
  • und Naturkostfachgeschäfte

geeignete Vertriebskanäle für Produkte aus der Agroforstwirtschaft. Daneben kann der Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten neue Vermarktungswege öffnen. 

Bäume pflanzen, Brote ernten bei der Jute Bäckerei!

Freda von Gilsa, studierte Forstwirtin, und ihr Mann Friedrich von Gilsa, studierter Agrarwissenschaftler, gründeten vor zehn Jahren als Quereinsteigende die Jute Bäckerei in Berlin, wo sie glutenfreie Backwaren in Bio-Qualität herstellen und verkaufen. Im Rahmen des AgroBaLa-Projektes des DeFAF e.V. haben sie nicht nur Produkte aus der Agroforstwirtschaft wie Teff, Esskastanien, Haselnüsse oder Mandeln in ihren Produkten verarbeitet, sondern auch ihre Kundschaft mit Flyern über das Thema informiert.

Oekolandbau.de: Wie fällt die Resonanz auf die in Ihrer Bäckerei durchgeführte Aktion zum Thema Agroforstwirtschaft aus?

Friedrich von Gilsa: Unsere Kundinnen und Kunden haben großes Interesse am Thema Agroforstwirtschaft gezeigt. Wir haben in unserer Bäckerei viele Infokarten und Flyer verteilt. Auch die Umfrage zur Kaufbereitschaft und zur Preisgestaltung von Produkten aus der Agroforstwirtschaft, in unserem Fall Backwaren, wurde gut angenommen. Im Projekt AgroBaLA haben wir unter anderem Teffmehl aus Agrofortwirtschaft in unseren Produkten verarbeitet.

Oekolandbau.de: Sind die Kundinnen und Kunden bereit, mehr Geld für Agroforst-Produkte auszugeben?

Friedrich von Gilsa: Wie die Befragung gezeigt hat, sind die meisten Kundinnen und Kunden dazu bereit, zehn bis 30 Prozent mehr Geld für in Deutschland hergestellte Produkte aus der Agroforstwirtschaft auszugeben. 

Oekolandbau.de: Wie kann die Kundschaft Ihrer Meinung nach zum Kauf von Produkten aus der Agroforstwirtschaft animiert werden?

Friedrich von Gilsa: Ganz klar, wir möchten unserer Kundschaft das bestmögliche Produkte verkaufen. Dazu gehört in einem handwerklichen Beruf ein gewisses Know-how, denn an vielen Stellen im Produktionsprozess können Fehler passieren. Der Teig muss zum Beispiel die richtige Konsistenz haben oder der Ofen muss richtig bedient werden. Wenn wir unsere Leidenschaft für unser Handwerk an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben und gute Produkte aus guten Zutaten verkaufen, dann haben wir auch die Wertschätzung unserer Kundschaft erreicht. 

Von Saft bis Schokolade – Beispiele für Agroforst-Produkte im Handel

Im Handel werden bereits vielfältige Produkte aus der Agroforstwirtschaft aus Deutschland aber auch dem Ausland angeboten. Nachfolgend sind nur einige Beispiele aufgeführt.


Letzte Aktualisierung 25.06.2024

Nach oben
Nach oben