Regionale Wertschöpfungsketten in Ostdeutschland aufbauen

Regionale Bio-Produkte für den Bio-Fachhandel in Ostdeutschland

Regionale Bio-Wertschöpfungsketten in sechs Bundesländern gleichzeitig aufbauen? Das hört sich nach einer Mammutaufgabe an, besonders in Regionen, in denen es an handwerklichen Verarbeitungsbetrieben mangelt. Wertschöpfungskettenmanagerin Anja Ettner hat sich dieser Aufgabe dennoch motiviert angenommen und berichtet im Interview von den bisherigen Erfolgen und Herausforderungen.

Anja Ettner

Anja Ettner arbeitet seit Sommer 2021 im Wertschöpfungskettenprojekt des Biokreis. Die ausgebildete Gärtnerin war zuvor lange Jahre im Bio-Fachhandel beschäftigt und ist daher mit verschiedenen Teilen der Wertschöpfungskette bereits gut vertraut. Ihre praktischen Kenntnisse in der Gärtnerei und ihr Wissen um die Erfordernisse und Notwendigkeiten im Fachhandel lässt sie in ihre Arbeit als Wertschöpfungskettenmanagerin einfließen.

Oekolandbau.de: Um was geht es bei dem Projekt?

Anja Ettner: Das Projekt entwickelt regionale Wertschöpfungsketten, vom Acker bis zum Teller. Daraus sollen Leuchtturm-Produkte mit besonderem Mehrwert für Natur, Tier und Region entstehen, die ihren Weg in den Bio-Fachhandel finden. Dafür greifen wir die Themen auf, die die Bio-Branche von der Landwirtschaft bis zum Handel aktuell beschäftigen, zum Beispiel die muttergebundene Kälberhaltung und die Aufzucht der Bruderkälber in der Milchviehhaltung, aber auch die Erzeugung veganer Alternativprodukte.

Oekolandbau.de: Welche Ziele sollen erreicht werden?

Ettner: Wir wollen Produkten in den Handel verhelfen und bestehende Hindernisse für die erfolgreiche Vermarktung aus dem Weg räumen. Eine Voraussetzung dafür ist die Vernetzung der Akteure und Akteurinnen entlang der Wertschöpfungskette: der landwirtschaftlichen Betrieben mit den herstellenden Unternehmen, der Bäckereien, Mühlen und Metzgereien mit dem Fachhandel. Erst wenn allen Beteiligten klar ist, wo entlang der Kette welche Notwendigkeiten und Herausforderungen bestehen, kann man gemeinsam stabile neue Wertschöpfungsketten bauen.

Zudem habe ich den Auftrag, das Projekt und den Wert von Bio-Produkten in eine möglichst breite Öffentlichkeit zu tragen. Dafür besuche ich viele Veranstaltungen und beteilige mich an Podiumsdiskussionen und Netzwerktreffen.

Oekolandbau.de: Was sind die besonderen Herausforderungen in diesem Projekt?

Ettner: Die Region, für die ich zuständig bin, ist sehr groß, sie umfasst Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Wenn es um die Veredelung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse geht, ist diese Region strukturell zudem eher strukturschwach: Es gibt zu wenige handwerkliche Betriebe wie Bäckereien, Molkereien oder Metzgereien. Deshalb ist es ein wesentlicher Teil meiner Arbeit, Strukturen ausfindig zu machen oder Alternativen zu entwickeln. Denn mit den Verarbeitungsstrukturen steht und fällt auch die Regionalität der Wertschöpfungsketten.

Oekolandbau.de: Was ist Ihre Aufgabe in dem Projekt?

Ettner: Ich stoße neue Vermarktungswege für vorhandene Produkte an und sorge dafür, dass sie in Schwung kommen. Dafür bin ich ständig mit vielen Menschen in Kontakt. Mit ihnen bespreche ich viele interessante Themen, die in Zukunft in der Landwirtschaft und im Fachhandel eine Rolle spielen könnten. Es geht ja auch darum, die Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus zu fördern. Deshalb ist es wichtig, dass ich mich mit Menschen und Institutionen vernetze, die an denselben Dingen arbeiten. Es muss nicht alles allein erledigt werden!

Oekolandbau.de: Welche Projektpartner sind mit im Boot? Was tragen diese Betriebe zum Projekt bei?

Ettner: Als Partner mit dabei sind die Bio-Fachhändler Bio Company in Berlin und BioMAre in Leipzig; außerdem die Bio-Großhändler Naturkost Erfurt und Terra Naturkost. Diese vier Unternehmen sind die größten und wichtigsten Bio-Akteure in der Region, sie beliefern mein gesamtes Gebiet und weit darüber hinaus mit Bio-Lebensmitteln. Für mich sind sie die ersten Ansprechpartner und richtungsgebend für meine Arbeit. Zudem sind sie entscheidend, wenn es darum geht, das fertige Produkt an das Ende der Wertschöpfungskette zu bringen: die Verbraucherschaft.

Oekolandbau.de: Was sind die nächsten Schritte?

Ettner: Aktuell beschäftige ich mich vor allem damit, den Anbau von Leguminosen in meiner Region voranzubringen – also von Kichererbsen, Soja und Bohnen. Das sind wichtige Rohstoffe für vegane Produkte, die im Handel zunehmend gefragt sind. Aber sie werden noch verhältnismäßig wenig angebaut, weil Wissen fehlt. Da versuche ich zu vermitteln. Dabei gehe ich einen Schritt vor, aber manchmal auch wieder einen zurück. Wichtig ist aus meiner Sicht vor allem, dranzubleiben und jedem einzelnen Thema Raum für die Entwicklung zu geben.

Projektinfos

Weitere Informationen rund um das Projekt finden Sie im Projektsteckbrief.

Das Projekt wird über die Förderrichtlinie RIWERT gefördert. Die Richtlinie ist eine Maßnahme des Bundesprogramms Ökologischer Landbau, initiiert und finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.


Letzte Aktualisierung 12.12.2023

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