Maßnahmenkatalog regelt Verstöße

Maßnahmenkatalog regelt Verstöße gegen Bio-Recht

Die Erzeugung, der Handel und die Verarbeitung von Bio-Erzeugnissen werden streng kontrolliert. Was passiert aber, wenn bei der Kontrolle Verstöße festgestellt werden oder ein begründeter Verdacht auf einen Verstoß besteht? Müssen die betroffenen Erzeugnisse vernichtet werden? Gibt es festgelegte Strafen für das Unternehmen und wie sehen diese aus?

Auch diese Fragestellungen werden im europäischen Bio-Recht berücksichtigt. Eine wichtige Rolle spielt dabei der "nationale Maßnahmenkatalog", den jeder Mitgliedstaat der EU haben muss.

Was soll mit dem Maßnahmenkatalog erreicht werden?

Der Maßnahmenkatalog dient vor allem der Harmonisierung der Kontrollen beziehungsweise dem Umgang mit Verstößen. Die Kontrollen werden durch verschiedene Kontrollstellen durchgeführt, die wiederum durch die zuständigen Behörden der Bundesländer überwacht werden. Daher besteht ein grundsätzliches Risiko, dass gleichartige Verstöße in unterschiedlicher Weise geahndet werden.

Durch die Aufstellung eines einheitlichen Kataloges, der für alle Kontrollstellen und zuständigen Behörden der Bundesländer verbindlich ist, wird sichergestellt, dass eine Unternehmerin oder ein Unternehmer in Flensburg mit den gleichen Konsequenzen aus Verstößen rechnen muss, wie eine Unternehmerin oder ein Unternehmer in Garmisch-Partenkirchen.

Warum hat jedes EU-Land einen eigenen "nationalen" Maßnahmenkatalog?

EU-Verordnungen gelten in gleicher Weise in allen EU-Mitgliedsstaaten. Gleichzeitig hat jeder dieser Mitgliedsstaaten eigene Gesetze, die auf über viele Jahre gewachsenen, unterschiedlichen Rechtstraditionen beruhen. Daher gilt in der EU in vielen Bereichen das sogenannte Subsidiaritäts-Prinzip. Das bedeutet, dass den einzelnen Mitgliedstaaten innerhalb eines durch eine EU-Verordnung gesetzten Rahmens Handlungsspielräume eingeräumt werden. Dadurch wird erreicht, dass die jeweiligen grundlegenden EU-Ziele möglichst gut in das bestehende nationale Recht integriert werden und dort den nationalen Besonderheiten entsprechend umgesetzt werden können.

Bezogen auf die EU-Bio-Verordnung mit einer von der EU hierzu weiteren erlassenen sogenannten Durchführungs-Verordnung bedeutet dies, dass dort einheitliche Mindestanforderungen an die nationalen Kataloge festgelegt werden. Die detaillierte Ausgestaltung wird aber den Mitgliedstaaten überlassen.

Welche Mindestanforderungen für den nationalen Maßnahmenkatalog bestehen?

Der nationale Maßnahmenkatalog muss mindestens enthalten:

  • eine Liste der Verstöße mit einem Verweis auf die betreffende Regelung in der EU-Bio-Verordnung oder andere einschlägige Verordnungen.
  • die Einteilung der Verstöße in drei Kategorien:
    • geringfügig
    • erheblich
    • kritisch
    • die Maßnahmen, die bei Verstößen der verschiedenen Kategorien ergriffen werden.

    Es ist kaum möglich, eine vollständige Liste der Verstöße zu erstellen, denn die EU-Bio-Verordnung ist sehr komplex und unterliegt darüber hinaus einem fortwährendem Ergänzungs- und Änderungsprozess. Der deutsche Maßnahmenkatalog listet daher wesentliche Regelungen auf. Die Kontrollstellen beziehungsweise zuständigen Behörden haben damit eine Referenzliste zur Verfügung, die es ihnen ermöglicht, andere, nicht explizit aufgelistete Verstöße einzuordnen und entsprechend angemessene Maßnahmen zu verhängen.

    Welche Maßnahmen sind bei Verstößen gegen das Bio-Recht möglich?

    Je nach Kategorie des Verstoßes können eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen durch die zuständige Behörde oder die Kontrollstelle angewendet werden:

    • Verpflichtung des Unternehmers, einen Aktionsplan zur Behebung des Verstoßes vorzulegen
    • Vorgabe eines neuen Umstellungszeitraums
    • Verbot, eine vom Verstoß betroffene Partie (betroffene Kultur oder betroffene Tiere) als Bio-Erzeugnis zu kennzeichnen
    • Auflagen zur Verbesserung in den Betriebsabläufen (Vorsorgemaßnahmen), um die Einhaltung der Bio-Vorschriften zu gewährleisten
    • Einschränkung des Geltungsbereichs des Zertifikats (z.B. Einschränkung auf pflanzliche Erzeugnisse, weil der Verstoß die tierische Erzeugung betrifft)
    • Aussetzung des Zertifikats (das Zertifikat kann wieder eingesetzt werden, wenn das Unternehmen Verbesserungen im Betriebsablauf vorgenommen hat oder andere Auflagen erfüllt)
    • Entzug des Zertifikats (Endgültige Entscheidung)
    • Verbot für die Unternehmerin beziehungsweise den Unternehmer für einen bestimmten Zeitraum, Erzeugnisse mit einer Bezugnahme auf die ökologische Produktion zu vermarkten

    Die zuständigen Behörden können außerdem Bußgelder verhängen und in besonders schwerwiegenden Fällen kann ein Strafverfahren eingeleitet werden. Bußgelder und Strafverfahren sind aber nicht Gegenstand des Maßnahmenkataloges, sondern sind im Öko-Landbau-Gesetz (ÖLG) festgelegt.

Wie werden die Verstöße den Kategorien gering, erheblich oder kritisch im Maßnahmenkatalog zugeordnet?

In der Bio-Verordnung sind Kriterien festgelegt, anhand derer der jeweilige Verstoß bewertet wird. Die Kriterien betreffen einerseits das Verhalten des Unternehmens, andererseits die unmittelbaren Auswirkungen auf das betroffene Erzeugnis.

Hinsichtlich des Verhaltens des Unternehmens wird betrachtet, ob Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung von Vermischungen, Verwechslungen oder Einträgen unzulässiger Stoffe in angemessener Weise auf Basis einer Risikoanalyse getroffen wurden. Wie hat sich das Unternehmen zu früheren Verstößen verhalten? Wie geht das Unternehmen mit Fällen um, bei denen ein Verdacht besteht, dass ein Verstoß vorliegt, beispielsweise im Fall von Pflanzenschutzmittel-Rückständen?

Hinsichtlich der unmittelbaren Auswirkungen auf das Erzeugnis wird die Rückverfolgbarkeit innerhalb der Lieferkette geprüft. Außerdem ist wesentlich, ob durch den Verstoß die Integrität des biologischen Erzeugnisses gefährdet ist. Dies wird angenommen, wenn der Verstoß absichtlich oder wiederholt ist oder die Merkmale, die das Erzeugnis als Bio-Erzeugnis kennzeichnen, beeinträchtigt sind.

Dürfen die Öko-Kontrollstellen oder die zuständigen Behörden vom Maßnahmenkatalog abweichen?

Grundsätzlich ist der Maßnahmenkatalog verbindlich. Kontrollstellen und zuständige Behörden müssen bei ihren Entscheidungen dennoch in jedem Einzelfall die Angemessenheit berücksichtigen. Diese Grundanforderung an das Handeln der öffentlichen Verwaltung gilt auch für die Tätigkeit der Kontrollstellen, denen ja die Wahrnehmung einer öffentlichen, amtlichen Aufgabe übertragen wurde.

Wo finde ich den Maßnahmenkatalog?

Der Maßnahmenkatalog für Deutschland ist in der Anlage 3 der Öko-Landbaugesetz-Durchführungs-Verordnung enthalten, die seit dem 03. August 2023 in Kraft ist.

Fazit zum Maßnahmenkatalog nach der Öko-Landbaugesetz-Durchführungsverordnung

Der Maßnahmenkatalog zum Umgang mit Verstößen gegen die EU-Öko-Verordnung ist keine "Ja-Nein-Checkliste", mit unumstößlich festgelegten Ursache-Wirkungs-Ketten. Dies würde den überaus komplexen Vorschriften der EU-Öko-Verordnung auch nicht gerecht. Insbesondere die landwirtschaftliche Produktion erfolgt nicht in geschlossenen Systemen, deren Produktionsbedingungen vollständig steuerbar sind, sondern unterliegt den Unwägbarkeiten des Wettergeschehens, den kaum steuerbaren Infektionen mit pflanzlichen und tierischen Schadorganismen und ubiquitären Belastungen. Dies muss bei der Bewertung von Verstößen berücksichtigt werden.

Der Maßnahmenkatalog ist ein wertvolles Werkzeug, das wesentlich zur Harmonisierung der Tätigkeit der Öko-Kontrollstellenund der für die Öko-Verordnung zuständigen Behörden beiträgt. Damit wird Überwachung der korrekten Anwendung der Öko-Produktionsregeln gestärkt und das Vertrauen der Verbraucher in Öko-Erzeugnisse gestützt.


Letzte Aktualisierung 12.09.2024

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