Kohldrehherzmücke

Kohldrehherzmücke

Auch Kohldrehherzgallmücke, Contarinia nasturtii (Kieffer), Familie: Gallmücken

Schadbildbeschreibung

Die hellbraunen Mücken sind 1,5 bis 2 Millimeter groß und erscheinen ab Mitte Mai. Mücken und Eigelege sind aufgrund ihrer geringen Größe kaum zu erkennen. Zwischen den Herzblättern finden sich die kleinen, springfähigen Larven. Sie sind gelblich-weiß, kopf- und fußlos. Sie schädigen an der Innenseite der Blätter und Blattstiele, wo sich Vernarbungen bilden, während die Blattaußenseite unversehrt bleibt.

Junge Blätter wachsen dadurch verdreht weiter und die Kopfbildung wird gestört. Es können sich neue Seitentriebe und mehrere lockere Köpfe an einer Pflanze bilden. Das Herz der Pflanzen stirbt ab und fault bei feuchter Witterung, die Pflanze wird „herzlos“. Diese Schäden werden oft erst dann deutlich sichtbar, wenn die Mückenlarven selbst schon ihre Entwicklung vollendet und die Pflanzen verlassen haben.

Werden an Raps und Samenträgern Blütenknospen besiedelt, schwellen diese an, die Kelchblätter verdicken sich. Die Kelchblätter und Staubgefäße bleiben klein. Die Schotenbildung bleibt aus.

Ähnliche Schadbilder

Mechanische Schäden oder ungünstige Temperaturen können zu einem ähnlichen Schadbild führen wie die Kohldrehherzmücke.

Schadwirkung

Die Kohldrehherzmücke schädigt alle Kohlarten, besonders empfindlich sind Brokkoli und Blumenkohl bis zur Blumenbildung sowie Kopfkohle bis zur Kopfbildung. Auch Raps, Senf, Chinakohl und Pak Choi sowie kreuzblütige Wildpflanzen gehören zu ihren Wirten, bei denen jedoch kaum Schäden entstehen.

Die Kohldrehherzmücke tritt besonders in intensiven Raps- und Gemüsebauregionen auf. Sie gehört zu den wichtigsten ertragsmindernden Schädlingen im Bio-Kohlanbau, da sie durch ihre geringe Größe und versteckte Lebensweise schwer zu diagnostizieren oder direkt zu bekämpfen ist. Kleinflächige Betriebe, die eingeschränkte Möglichkeiten für Fruchtfolgen und Wahl entfernter Schläge haben, sind besonders betroffen.

Biologie

Die Mücken überwintern in Feldern mit Vorjahresbefall als Puppe im Boden, oder an überwinternden Raps- oder Kohlbeständen. Sie schlüpfen im Frühjahr ab Mai, in Gewächshäusern oder Frühbeeten unter Vlies auch früher, und breiten sich in niedrigem Flug in einem Umkreis von bis zu einem Kilometer aus. Innerhalb ihrer ein bis drei Tage kurzen Lebensdauer erfolgen Wirtsfindung, Paarung und Eiablage tief in die Hohlräume zwischen den Herzblättern. Die schlüpfenden Larven ernähren sich von Blattgewebe, wobei sie mit dem Speichel Toxine ausscheiden. Diese verursachen Wachstumsstockungen an der Blattinnenseite.

Die Larven lassen sich nach zwei bis drei Wochen Entwicklungsdauer zu Boden fallen und verpuppen sich wenige Zentimeter unter der Bodenoberfläche nahe der Wirtspflanze. Eine verkrustete Bodenoberfläche durch anhaltende Trockenheit verzögert oder verhindert den Schlupf der fertig entwickelten Mücke. Die gesamte Entwicklung dauert etwa einen Monat und wird durch feuchte Witterung begünstigt. Im Jahr treten drei bis fünf Generationen auf, die sich gegenseitig überschneiden können. Die letzte Generation verpuppt sich im Herbst und überwintert als Puppe, wobei einige Puppen auch bis in ein weiteres Jahr überliegen können. Räuberische Tanzfliegen und kleine Spinnen treten als Gegenspieler der Kohldrehherzmückenlarven auf.

Regulierungsstrategien

Vorbeugende Maßnahmen

  • Anbaupause von zwei Jahren einhalten
  • Abstand zu Vorjahreskohlschlägen und Rapsfeldern über 100 Meter einhalten
  • in Gebieten mit starkem Befall Blumenkohl, Brokkoli oder Rosenkohl räumlich getrennt anbauen (optimal >1 km)
  • windoffene, möglichst trockene Parzellen wählen
  • frühe Pflanztermine für Kopfkohle, späte Termine für Brokkoli wählen
  • besonders Jungpflanzenquartiere, Kopfkohl bis zur Kopfbildung oder Schläge nahe Vorjahresflächen mit Kulturschutznetzen abdecken:
    Maschenweite 0,8 mm. Netze am Rand gut im Boden verankern, keine Netze mit Löchern oder Rissen verwenden; Durch Mulchen kann der Bedarf das Netz für Pflegearbeiten zu lüften reduziert werden.
    Die Abdeckung ist nur wirkungsvoll wenn der Boden frei von Kohldrehherzmücken ist, also bei Ausbringung direkt nach der Saat oder dem Pflanzen und wenn mindestens zwei Jahre kein Kohl angebaut wurde.
  • Gemüsebauern in den USA bringen ab dem Auspflanzen bis zum Abschluss der Kopfbildung eine regelmäßig erneuerte Kaolinschicht auf ihre Pflanzen aus, um die Eiablage zu verhindern. Kaolin ist in Deutschland als Bestandteil von Pflanzenstärkungsmitteln verfügbar.
  • Brokkoli einmalig ernten
  • beerntete Pflanzen sofort mulchen, da sich die Mücken auch an Neuaustrieb an beernteten Strünken vermehren
  • nach befallenen Kulturen im Herbst tiefe, wendende Pflugfurche

Biologische Maßnahmen

In den USA und Kanada wurden viel versprechende Erfahrungen mit der Anwendung entomopathogener Nematoden auf Befallsflächen gemacht. Die Wirksamkeit ist stark von den Umweltbedingungen abhängig und kann daher zwischen verschiedenen Jahren variieren. Die Nematoden werden in Wasser gelöst und durch Gießen oder mit der Beregnung ausgebracht. Auch ein entomopathogener Pilz zeigte in einzelnen Jahren Wirkung.

  • Heterorhabditis bacteriophora - wirkungsvoll bei höheren Temperaturen (20-25ºC)
  • Steinernema feltiae und Steinernema carpocapsae - bessere Wirkung bei niedrigeren Temperaturen (16-20ºC)
  • Beauvaria bassiana - Anwendung zur Befallsminderung

Der Einsatz von Pheromonen zur Paarungsverwirrung und die Anwendung ätherischer Öle zur Vergrämung der Eiablage werden untersucht.

Direkte Bekämpfung durch zugelassene Pflanzenschutzmittel

Der Befall an den Pflanzen sollte in der empfindlichen Phase der Pflanzen regelmäßig geprüft werden. Der Flug der Kohldrehherzmücke kann zudem durch Pheromonfallen überwacht werden. Diese sollte zweimal wöchentlich ausgezählt werden. Schadschwelle im Ökolandbau:
5 Gallmücken je Falle in 3 Tagen.

  • Pflanzenschutzmittel auf Basis von Niem (Wirkstoff Azadirachtin, Fraßgift)
  • Pflanzenschutzmittel auf Basis von Pyrethrum (Kontaktgift mit Nebenwirkung auf Nützlinge)
  • Beide Wirkstoffe haben eine vergrämende Wirkung auf die Eiablage und verursachen eine gewisse Larvensterblichkeit. Zur besseren Wirkung ist ein Netzmittel und die genaue Terminierung der Behandlung zur erwarteten Eiablage erforderlich. Trotzdem bleibt die Wirkung nur auf einem befallsmindernden Niveau.
  • Die Anwendung von Spinosad zur Regulierung von Thrips und Schmetterlingsraupen hat auch Effekte auf die Kohldrehherzmücke. Das Mittel wirkt sich schädigend auf Nützlinge aus und ist für EU-Ökobetriebe, nicht aber bei den deutschen Öko-Anbauverbänden zugelassen.

Überprüfen Sie bitte unbedingt die aktuelle Zulassung und Anwendungsvorschriften, z. B. auf www.pflanzenschutz-information.de!

Weblink

Das Grüne Lexikon Hortipendium: Steckbrief mit vielen guten Bilder der Kohldrehherzmücke und ihrer Schäden. 

Letzte Aktualisierung 09.12.2019

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