Wassergut Canitz: Trinkwasserschutz durch Öko-Landbau

Wassergut Canitz: Trinkwasserschutz durch Öko-Landbau

Die Leipziger Wasserwerke entschieden sich bereits vor mehr als 30 Jahren dazu, für den Schutz des Trinkwassers wesentliche Flächen auf ökologischen Landbau umzustellen. Das zahlt sich jetzt aus: Damit sparen die Kundinnen und Kunden der Leipziger Wasserwerke jedes Jahr erhebliche Kosten für die Wasseraufbereitung.

Die Leipziger Wasserwerke entschieden sich bereits im Jahr 1990 dazu, wesentliche Flächen in den Trinkwasserschutzgebieten (TWSG) Canitz/Thallwitz und Naunhof auf einen wasserschutzgerechten ökologischen Anbau umzustellen. Heute werden in den Trinkwasserschutzgebieten insgesamt rund 1.200 Hektar nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Davon befinden sich 820 Hektar im Eigentum der Leipziger Wasserwerke und werden von einem eigenen ökologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsunternehmen, der Wassergut Canitz GmbH, bewirtschaftet. Die restlichen Flächen gehören drei weiteren Öko-Betrieben, die ebenfalls in den Trinkwasserschutzgebieten der Leipziger Wasserwerke wirtschaften.

Auf den Feldern der Wassergut Canitz GmbH wachsen Getreide, Futterpflanzen, Leguminosen, Gemüse, Zwiebeln und Kartoffeln. Die Grünlandbereiche dienen als Weideland für Mutterkühe. Durch die Viehhaltung verfügt der Betrieb über eigenen organischen Wirtschaftsdünger für die Ackerflächen. Das deckt jedoch nur einen Teil ab. Ergänzend dazu wird mit Luzerne-Gründüngung und Luzerne-Silage gedüngt. Diese kommt besonders in den sensiblen Trinkwasserschutzzonen zum Einsatz.

"Die Agrarpolitik ist vor allem ökologisch und gewässerverträglich auszugestalten. Hierbei sollte der Schwerpunkt auf den ökologischen bzw. gewässerschonenden Landbau gesetzt werden." So Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer für den Bereich Wasser/Abwasser im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW). "Untersuchungen zeigen, dass der unter anderem der ökologische Landbau die Belastung der Gewässer erheblich verringern kann."

Trendumkehr bei Nitratkonzentration

Das Schaubild zeigt die Nitratkonzentration im Rohwasser (in mg/L) im Zeitraum 1973 bis heute (2021):

Die Gründe für die Trendumkehr der Nitratkonzentrationen im Rohmischwasser sind zum einen der standortangepasste, wasserschutzgerechte ökologische Landbau sowie die Einführung von wasserschutzbezogenen Ausgleichsregelungen auf Basis von Umweltdienstleistungen. Diese "Tolerablen Stickstoffsalden" gelten für nahezu alle landwirtschaftlichen Unternehmen, die rund 9.100 Hektar innerhalb der Trinkwasserschutzzonen der Leipziger Wasserwerke bewirtschaften.

Stickstoff-Saldo

Neben dem ökologischen Landbau trägt auch die N-Saldenreduktion der konventionell wirtschaftenden Betriebe zur Reduktion der Nitrat-Werte im Grundwasser bei. Der Stickstoff-Saldo wird mit Hilfe des Bilanzierungsmodells REPRO vom Privaten Institut für nachhaltige Landbewirtschaftung GmbH aus Halle (Saale) ermittelt. Als Zielgröße sind 30 Kilogramm Stickstoff pro Hektar vorgegeben. Diese Zielgröße ist auf den Standort angepasst und richtet sich nach den tolerablen Stickstoff-Salden, die zur Erreichung der Qualitätsziele erforderlich sind. Analog sind die Stickstoff-Saldengrenzen für die anderen Betriebe – egal ob ökologisch oder konventionell wirtschaftend – ermittelt worden. Gelingt es den Landwirtinnen und Landwirten, diesen Wert zu unterschreiten, so wird diese Dienstleistung den Landwirten seitens des Wasserversorgers (Leipziger Wasserwerke) vergütet.

Die Tolerablen Stickstoff-Salden für die Wassergut Canitz GmbH liegen am Standort aktuell bei unter 30 kg N/ha und Jahr. Im 10-jährigen Mittel liegt das Ergebnis der Wassergut Canitz GmbH bei unter 15 kg N/ha. Dabei schwanken die einzelnen Jahre dank der vielgliedrigen Fruchtfolgen nur geringfügig. Abzüglich der jährlichen atmosphärischen Stickstoff-Deposition kommt es im Ergebnis zu einem ausgeglichenen Stickstoff-Saldo.

Geringere Nitratwerte sparen Aufwand und Kosten

Durch die geringeren Nitratwerte im Rohwasser kann auch der Aufwand für die Trinkwassergewinnung deutlich reduziert werden. Damit sparen die Kundinnen und Kunden der Leipziger Wasserwerke jedes Jahr erhebliche Kosten für die Wasseraufbereitung. Werden die Kosten aus einer Studie des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2017 bezüglich der Aufbereitungskosten für Trinkwasser angenommen, erspart diese Form des vorsorgenden Grundwasserschutzes jedes Jahr einen Betrag von bis zu ein- bis zwei Millionen Euro.

Vier Fragen an Dr. Bernhard Wagner, Geschäftsführer der Wassergut Canitz GmbH

Oekolandbau.de: Hat der Öko-Landbau auch Vorteile für den Wasserhaushalt? Kann er konkret auch die Grundwasserneubildung positiv beeinflussen?

Dr. Wagner: Wir haben hier gemeinsam mit Partnern im letzten Jahr das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt WertVoll abschließen können.

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes haben wir auf rund drei Hektar Fläche eine Saugplattenanlage etabliert. Diese gibt uns seit über fünf Jahren sehr wichtige Erkenntnisse über das Sickerwasserquantität und -qualität, welches die Wurzelzone der jeweiligen Kulturarten in Richtung Grundwasser verlässt. Hieraus können wir bereits jetzt schon ableiten, dass wir über die Fruchtfolgegestaltung und deren Intensität die Menge sowie die Qualität des Sickerwassers signifikant beeinflussen können.

Oekolandbau.de: Soll in den nächsten Jahren die ökologisch bewirtschaftete Fläche im Wasserschutzgebiet bei Leipzig weitere ausgebaut werden?

Dr. Wagner: Ja, nach Möglichkeit soll sich die ökologisch bewirtschaftete Fläche in der TWSG der Leipziger Wasserwerke ausdehnen. Dieses Ziel ist im Zweck der GmbH festgeschrieben. In jedem Fall werden wir uns dafür einsetzen, dass auch der konventionelle Landbau weiterhin nachhaltiger und damit grundwasserfreundlicher gestaltet wird. Dazu möchten wir weiter mit allen Landnutzern vor Ort zusammenarbeiten. Ziel muss es sein, Strategien für einen nachhaltigen Grundwasserschutz unter den sich ändernden Klimabedingungen weiter zu entwickeln.

Oekolandbau.de: Ließe sich das Modell vom Wassergut Canitz auch auf andere Regionen Deutschland übertragen?

Dr. Wagner: Zu 100 Prozent. In jedem Fall muss das Konzept an die Standortbedingungen angepasst werden. Stichwort: Tolerable Stickstoff–Salden.

Oekolandbau.de: Was empfehlen Sie, um den Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft (in ganz Deutschland) besser voranzubringen?

Dr. Wagner: Erfolgreich geht es nur zusammen und auf Augenhöhe. Landwirtschaft und Wasserversorger produzieren beide Lebensmittel.

DIW: Mehr Öko-Landbau würde Nitratproblematik entschärfen

Ergebnisse einer ökonometrischen Analyse am DIW Berlin zeigen, dass mit einem steigenden Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche die Nitratkonzentration in den umliegenden Grundwasserkörpern sinkt. Konkret ergibt die Regressionsanalysen folgenden Zusammenhang: Wenn die ökologisch bewirtschaftete Fläche um ein Prozent zunimmt, dann sinkt nach den Berechnungen des DIW die Nitratkonzentration im Grundwasser um 0,3 Milligramm pro Liter.

Insgesamt kommen die DIW-Forschenden dieser Studie zu dem Schluss: "Der Öko-Landbau leistet einen wertvollen Beitrag, die durch Landwirtschaft verursachte Überdüngung zu reduzieren und sollte daher ausgeweitet werden."

Öko-Feldtage 2025

Die Öko-Feldtage finden 2025 erstmalig in Sachsen auf den Flächen des Wassergut Canitz GmbH in Wasewitz statt. Schwerpunktthema vom 18. bis 19. Juni 2025 ist die enge Verbindung zwischen dem Öko-Landbau und dem Schutz des Trinkwassers.


Letzte Aktualisierung 21.03.2024

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