Konzepte zur Honorierung von Umweltleistungen

Konzepte zur Honorierung von Umweltleistungen

Der ökologische Landbau leistet einen Beitrag zum Klima- und Gewässerschutz und fördert die Biodiversität. Diese Umweltleistungen sind aber nicht der Maßstab für die Höhe der Agrarförderung. Gibt es alternative Honorierungsmodelle, die einen anderen Weg einschlagen? Wir stellen fünf Konzepte vor, die derzeit diskutiert werden.

Ökologisch wirtschaftende Betriebe erbringen zahlreiche positive Umweltleistungen, die sich auch monetär fassen lassen. Für diese gesellschaftlich erwünschten Leistungen erhalten die Betriebe eine flächenbezogene Prämie. Deren Höhe steht jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Wert der Umweltleistungen. Als Grundlage für die Berechnung dienen durchschnittliche Zusatzkosten und Ertragseinbußen gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Das etablierte System der Honorierung schafft keine finanziellen Anreize, Bewirtschaftungspraktiken nachhaltiger zu gestalten, als es die gesetzlichen Öko-Standards vorsehen.

Handlungsorientierte und ergebnisorientierte Indikatoren

In den letzten Jahren wurden verschieden Vorschläge erarbeitet, wie ein leistungsgerechtes Honorierungssystem für die Landwirtschaft aussehen könnte. Dabei gibt es unterschiedliche Herangehensweisen: Grundsätzlich können eher handlungsorientierte oder eher ergebnisorientierte Indikatoren zum Maßstab gewählt werden – oder eine Kombination davon. Beides hat Stärken und Schwächen. Hier ein Beispiel dazu: Für die Schutzgüter Boden und Humus spielen natürlich die Indikatoren Humusgehalt und Humusaufbau eine zentrale Rolle. Die Messung dieser ergebnisorientierten Indikatoren ist jedoch mit Aufwand und methodischen Schwierigkeiten verbunden. In diesem Fall könnten es sinnvoll sein, handlungsorientierte Indikatoren zu verwenden. Also beispielsweise den Anteil von mehrjährigem Klee- oder Luzernegras sowie Dauergrünland. Dass solche Praktiken dem Humusaufbau im Boden dienen, gilt als hinreichend belegt.

Im Folgenden werden einige der bisher vorliegenden Modelle kurz vorgestellt, jeweils mit Links zu weiterführenden Informationen. Diese verschiedenen Ansätze schließen sich nicht kategorisch aus, vielmehr sind Kombinationen denkbar. Am Ende wird es darauf ankommen, politisch tragbare Lösungen zu finden, die auch in der Praxis gut umsetzbar sind. So sollte der Aufwand für die Ermittlung der Indikatoren für die Betriebe überschaubar bleiben. Von Vorteil ist, wenn Daten verwendet werden, die im Betrieb ohnehin erhoben und gesammelt werden.

DVL: Gemeinwohlprämie

Der Verband für Landschaftspflege (DVL) hat mit der "Gemeinwohlprämie" eine Methode entwickelt, um die Direktzahlungen der EU-Subventionen an Landwirtinnen und Landwirte stärker an Gemeinwohlleistungen auszurichten. Grundlage des DVL-Vorschlags ist ein Bewertungsverfahren nach Punkten: Für einzelbetriebliche Maßnahmen, die positive Effekte für die Biodiversität sowie den Klima- und Wasserschutz bieten, gibt es Öko-Punkte. Allerdings werden der Boden und die Bodenbiodiversität in diesem System nicht als Schutzgut berücksichtigt. In einem Leitfaden wird gezeigt, wie die eher handlungsorientierte Methode zur Honorierung landwirtschaftlicher Umwelt- und Klimaschutzleistungen in der neuen Grünen Architektur der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik angewendet werden könnte.

Zum Leitfaden Gemeinwohlprämie aus der DVL-Schriftenreihe "Landschaft als Lebensraum"

Niederländische Öko-Regelung

Die meisten Maßnahmen der niederländischen Öko-Regelung ab 2023 sind eher handlungsorientiert. Betriebe können aus 22 Maßnahmen wählen, die unterschiedliche Leistungen für die Schutzgüter Klima, Boden/Luft, Wasser, Landschaft und Biodiversität widerspiegeln. Jede Maßnahme wird je nach Leistung mit Öko-Punkten versehen. Der Öko-Landbau wird als Systemansatz für Nachhaltigkeit in die Goldstufe eingeordnet. Hervorzuheben ist ein Aspekt der Regelung, der es erlaubt, regionalspezifische Prioritäten zu setzen. Je nach Region werden die Öko-Punkte noch mit einem Umrechnungsfaktor multipliziert. Eine Feinjustierung des Systems soll vor dem Hintergrund der praktischen Erfahrungen in den ersten Jahren der Umsetzung erfolgen.

Mehr Informationen zum niederländischen Modell (englisch)

BÖLW-Stufenmodell zur Neugestaltung der Agrarförderung

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat im Sommer 2023 ein Stufenmodell zur neuen Ausrichtung der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) ab dem Jahr 2028 vorgelegt. Nach Vorstellungen des BÖLW müssen die in der Farm-to-Fork-Strategie (F2F) genannten Leitziele Grundlage für eine neue GAP sein. Das heißt logischerweise, dass sich auch die Honorierung von Umweltleistungen der Landwirtschaft an den Zielen der F2F-Strategie ausrichten. Konkret soll die künftige GAP auf drei Förderstufen beruhen: Basis, Basis-Plus und Bio. Jede dieser Stufen soll durch wenige, aber wirksame Regeln für Düngung, Pflanzenschutz, Viehbesatz und Fruchtfolgen definiert werden. Mit jeder Stufe werden die Regeln ökologischen anspruchsvoller und die Honorierung steigt. Nur Betriebe, die mindestens eine der drei Stufen erfüllen, sollen künftig finanzielle Unterstützung durch die GAP erhalten.

  • Die Basis-Stufe entspricht etwa der Einkommensgrundstützung zur Nachhaltigkeit mit einigen Anforderungen zur Nutzung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, mineralischen Düngern und Tierbesatzdichte.
  • Die Basis-Plus-Stufe entspricht einer umweltfreundlichen Landwirtschaft mit noch strengeren Anforderungen als bei der ersten Stufe.
  • Die dritte Stufe entspricht den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung.

Zudem können Bund und Länder jede Leistungsstufe noch durch zusätzliche Maßnahmen (top ups) auf Betriebsebene ergänzen.

Mehr Informationen zum BÖLW-Stufenmodell (PDF-Dokument)

Agroscope (CH): Indikatorbasiertes Direktzahlungssystem (IDZ)

Auch in der Schweiz gab und gibt es Diskussionen über ein leistungsgerechteres System der Direktzahlungen an die Landwirtschaft. Agroscope, das schweizerische Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung, hat im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft ein System für indikatorbasierte Direktzahlungen entwickelt, das sich stärker an den von den Betrieben erzielten Leistungen orientiert. Dafür wurden Indikatoren definiert, die Umweltleistungen messen. Das IDZ-System bildet die inländischen (das heißt auf die Schweiz bezogenen) Umweltwirkungen und die damit verbundenen Kosten realistischer und umfassender ab als das heutige System der Direktzahlungen. Allerdings: "Eine umfassende, finale Beurteilung der möglichen Umweltwirkung eines indikatorbasierten Direktzahlungssystems war aus methodischen und zeitlichen Gründen im Rahmen des Projekts nicht möglich", heißt es im Schlussbericht. Weitergehende Konkretisierungen und Praxistests auf Pilotbetrieben seien noch notwendig. Es zeigte sich jedoch bereits in der konzeptionellen Phase, dass eine ergebnisorientierte Honorierung nur bergrenzt umsetzbar sei.

Zum IDZ-Abschlussbericht

CAU Kiel: Erfolgsorientierte Agrarprämie

Das von einem Team der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entwickelte und in der Zeitschrift "Berichte über Landwirtschaft" ausführlich vorgestellte Modell einer erfolgsorientierten Agrarprämie geht von den nationalen Zielvorgaben aus, die sich aus der Farm-to-Fork-Strategie und den Biodiversitätsstrategie ableiten lassen. Diese nationalen Ziele werden in betriebsindividuelle Zielvorgaben transformiert und daraus erfolgsorientierte und freiwillige Maßnahmen formuliert. Durch die Bindung der Vergütung an Zielvorgaben soll sichergestellt werden, dass die Betriebe ihre jeweiligen Nachhaltigkeitsziele erreichen. Bislang wurden die Vorschläge allerdings nur an Hand von Modellrechnungen bewertet. Eine Weiterentwicklung zusammen mit Praxisbetrieben sollte noch erfolgen.

Zur Ausgabe der "Berichte über Landwirtschaft"

UGÖ-Bericht: Leistungsdifferenziertes Honorierungssystem

Landwirtschaftlicher Weg führt Richtung Horizont. Foto: Andreas Greiner

31.10.2023Landwirtschaft

Wie können Umweltleistungen der Landwirtschaft gerechter honoriert werden?

Dr. Nicolas Lampkin vom Thünen-Institut und Dr. Jürn Sanders vom FiBL haben im Rahmen eines BÖL-Forschungsprojektes ein neues Honorierungsmodell vorgelegt. Dieses berücksichtigt 17 indikatoren und soll ohne großen Aufwand in der Praxis anwendbar sein. Das Stufenmodell soll einen Beitrag zur Debatte rund um die Gemeinsame Agrarpolitik ab 2028 lefern.

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Letzte Aktualisierung 02.11.2023

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