Wie können Umweltleistungen der Landwirtschaft gerechter honoriert werden?

Wie können Umweltleistungen der Landwirtschaft gerechter honoriert werden?

Dr. Nicolas Lampkin vom Thünen-Institut und Dr. Jürn Sanders vom FiBL haben im Rahmen eines BÖL-Forschungsprojektes ein neues Honorierungsmodell vorgelegt. Dieses berücksichtigt 17 indikatoren und soll ohne großen Aufwand in der Praxis anwendbar sein. Das Stufenmodell soll einen Beitrag zur Debatte rund um die Gemeinsame Agrarpolitik ab 2028 lefern.

Leistungsdifferenziertes Honorierungssystem

Um das 30-Prozent-Flächenziel für den Öko-Landbau zu erreichen, braucht es neue Konzepte für eine angemessene Honorierung der gesellschaftlich erwünschten Leistungen der Landwirtschaft. So ein leistungsdifferenziertes Honorierungssystem für den Schutz der Umwelt hat ein Forschungsteam vom Thünen-Institut und dem FiBL jetzt vorgelegt (kurz: UGÖ-Bericht). Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen des Bundesprogramm Ökologischer Landbau gefördert. Um die spätere Umsetzung des neuen Systems zu erleichtern, wurden von Anfang an die Vorstellungen und Erfahrungen der landwirtschaftlichen Praxis und der Agrarverwaltung berücksichtigt. Zudem war es ein wichtiges Ziel, das Honorierungssystem so zu gestalten, dass es auf die gesamte Landwirtschaft übertragen werden kann.

Indikatoren als Gradmesser für Schutzgüter

Um die erbrachten Umweltleistungen richtig und umfassend – das heißt ohne Lücken – abzubilden, haben die Autoren der Studie insgesamt 17 Indikatoren entwickelt. Für jeden Indikator wird spezifiziert, wie und auf welcher Datengrundlage die Messung erfolgt und welche Kontrollmechanismen erforderlich sind. Für die Schwellenwerte sind der absolute Wert einer Umweltleistung, eine semi-quantitative Einteilung in Klassen oder die Distanz zur Zielerreichung in Verhältnis zur verfügbaren Zeit als Basis möglich.

SchutzgutIndikatoren
BodenABAG-C-Faktoren, visuelle Bewertung, Humusbilanz, C-Gehalte, Anteil mehrjähriges Kleegras, Verzicht auf Klärschlamm
WasserHerbst-Nmin-Analyse, N-Saldo, P-Saldo, Pflanzenschutz- und Tierarzneimittel
Klima / LuftTHG-Emissionen, Verzicht auf N-Dünger, Tierbesatzdichte, NH3-Emissionen, Humusbilanz, Corg-Gehalte, Anteil mehrjähriges Kleegras
BiodiversitätArtenzahl, Kulturartendiversität, Kleinteiligkeit, Anteil Landschaftselemente, Bio-Diversitätsmaßnahmen, Verzicht auf synth. N-Dünger, Verzicht auf synth. Pestizide, Pesticide Load Index, Tierbesatzdichte

Mehr Geld für mehr Umweltleistung

Der erste Baustein im Honorierungskonzept ist eine Basisprämie. Sie geht an Betriebe, wenn sie den "Guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand" (GLÖZ) und ähnlichen Bedingungen einhalten. Dann folgen weitere Zahlungen, sich nach indikatorbasierten Leistungen richten. So können je nach einzelbetrieblicher Performance unterschiedliche Gesamtprämien erzielt werden. Wer mehr Umweltleistungen erbringt, soll auch mehr Geld erhalten.

Schematische Darstellung des Honorierungskonzeptes mit fiktiven Werten

Der UGÖ-Bericht beschreibt detailliert, welche Indikatoren relevant sind, welche Datenquellen dafür in Frage kommen und macht Vorschläge zur Bewertung.

Modell mit vier Stufen

Die meisten Indikatoren lassen sich kontinuierlich messen. Beispielsweise als berechnete Kilogramm-Werte oder in einer 100-Punkte-Skala. Dieser Ansatz würde es erlauben, die Prämienhöhe in einer direkten Proportionalität zur erbrachten Leistung festzulegen. Allerdings könnte es in der Verwaltungspraxis schwierig sein, das genau so umzusetzen. Einen pragmatischeren Ansatz bietet ein Stufenmodell. Im UGÖ-Bericht wird deshalb ein Modell mit vier Stufen vorgeschlagen. Die Stufe 0 soll mit dem Ordnungsrecht kompatibel und für alle Betriebe verfügbar sein. Zudem müssen die Bedingungen des "Guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands“ (GLÖZ) eingehalten werden, um die Basisprämie für Nachhaltigkeit zu erwerben.

Die Stufe 1 im UGÖ-Modell soll im Wesentlichen mit der EU-Öko-Verordnung kompatibel sein. Die Stufen 2 und 3 sind für Betriebe relevant, die öffentliche Leistungen erbringen, die über die Mindeststandards der Öko-Landbau hinausgehen oder die Durchschnittswerte für Öko-Betriebe deutlich übertreffen. Dies soll für Betriebe Anreize schaffen, über die Mindeststandards hinaus ökologische Leistungen zu erbringen beziehungsweise die Betriebe, die das schon erreicht haben, angemessen zu entlohnen.

Stufenmodell am Beispiel ausgewählter Indikatoren

Bei einigen Indikatoren gäbe es nur Ja- oder Nein-Antworten, wie beim Verzicht auf bestimmte Betriebsmittel In diesen Fällen gibt es nur eine Stufe, wie hier im Beispiel beim Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel (PSM) und synthetischen N-Dünger.

Gefragt sind politische Entscheidungen

Im UGÖ-Bericht wurde nicht versucht, eine genaue Prämie für die Vergütung von Umweltleistungen zu berechnen. "Letztlich ist es eine politische Entscheidung, in welcher Höhe und wie finanzielle Mittel verteilt werden, um die umweltpolitischen Ziele am besten zu erreichen", so Dr. Nicolas Lampkin vom Thünen-Institut. Das gilt auch für die relative Gewichtung der Indikatoren zueinander. Im vorgelegten Modell werden alle Indikatoren als gleichwertig betrachtet. Das muss aber nicht so sein. Es kann durchaus sinnvoll sein, dass je nach Region die Ziele und Prioritäten für einzelne Umweltleistungen unterschiedlich gewichtet werden. So könnten in einem für die Trinkwassergewinnung bedeutsamen Gebiet die Indikatoren für den Wasserschutz stärker gewichtet werden. Dazu könnten priorisierte Indikatoren mit höheren Prämien versehen werden. Eine Alternative wäre auch, mit einem Punktesystem zu arbeiten. Dann würden die in einer Region wichtigsten Indikatoren beziehungsweise Umweltleistungen mehr Punkte bekommen.

Fazit und Empfehlungen

Um eine Doppelförderung und einen unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, wäre es nicht zielführend, wenn parallel verschiedene Systeme zur leistungsgerechten Honorierung von Umweltleistungen existieren. Ein neues Modell sollte deshalb die meisten, wenn nicht alle Öko-Regelungen und einige Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) ersetzen können. Dafür ist das im UGÖ-Bericht vorgelegte Konzept noch kein in allen Details fertiges Modell. Aber ein fundierter Beitrag für eine Debatte, die jetzt von den verschiedenen Stakeholdern geführt werden sollte. "Wir müssen die verschiedenen Ansätze diskutieren, die Vor- und Nachteile abwägen und am Ende sehen, wie wir daraus eine gute Lösung entwickeln können", so Dr. Nicolas Lampkin. "Wenn wir mit dem etablierten System der Agrarförderung so weitermachen wie bisher, werden wir die 30-Prozent-Ökolandbau nicht erreichen. Wir brauchen spätestens bei der Neuauflage der GAP ab 2028 einen Systemwechsel."


Letzte Aktualisierung 31.10.2023

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