Agroforst – Landnutzungssystem mit Zukunftspotenzial!

Agroforst – Landnutzungssystem mit Zukunftspotenzial

In Agroforstsystemen wird Acker oder Grünland mit mehrjährigen Gehölzen kombiniert. Auf die Weise können resiliente Agrarökosysteme geschaffen werden, die Energie- und Bauholz, Nahrungs- und Futtermittel bereitstellen und gleichzeitig die Biodiversität, Trockentoleranz und den Bodenschutz verbessern.

Bei der Agroforstwirtschaft macht man sich die positiven Wechselwirkungen zunutze, die zustande kommen, wenn landwirtschaftliche Nutzflächen nach bestimmten Regeln mit Gehölzen kombiniert werden. Dabei kann die Fläche zwischen und unter den Bäumen entweder für garten- und ackerbauliche Kulturen (silvoarables System) oder als Weidefläche (silvopastorales System) genutzt werden. Ebenso ist eine Kombination aus beidem möglich. Das angestrebte Ziel ist, die landwirtschaftlichen Flächen ökonomisch, ökologisch und auch landschaftsästhetisch aufzuwerten.

Was hier nach einem innovativen Konzept klingt, ist eigentlich ein alter Hut. Denn Agroforstsysteme fanden hierzulande bereits bis ins 19. Jahrhundert in großem Maßstab Anwendung – beispielsweise in Form von Streuobstwiesen oder Hutewäldern. Erst durch die fortschreitende Rationalisierung und Intensivierung in der Landwirtschaft ab etwa 1950 wurden Gehölze als "Störfaktoren" angesehen und größtenteils von den Feldern verbannt.

Folgen der Klimakrise führten zum Umdenken

Seit einigen Jahren nimmt das Interesse an Agroforstsystemen wieder zu. Vor allem die gravierenden Folgen der Klimakrise haben dazu geführt, dass man sich der Notwendigkeit nachhaltiger Landnutzungssysteme wieder mehr bewusst wird.

Agroforstsysteme bieten dafür vielfältige Vorteile:

  • Bäume und Sträucher schaffen Struktur- und Artenvielfalt in der Landschaft und ermöglichen Rückzugsräume für Wildtiere.
  • Sie mindern das Erosionsrisiko.
  • Agroforstsysteme verbessern die Wasser- und Nährstoffversorgung.
  • Sie steigern die Bodenfruchtbarkeit und
  • schützen Gewässer und Grundwasser.

All das wurde inzwischen mehrfach wissenschaftlich belegt. Durch die Erzeugung agroforstwirtschaftlicher Produkte wie Obst, Nüsse Stamm- oder Energieholz entstehen außerdem zusätzliche Einkommensquellen für Landwirtinnen und Landwirte.

Agroforst und moderne Landwirtschaft sind kein Widerspruch

Moderne Agroforstsysteme sind an die aktuelle Produktionstechnik der Landwirtschaft mit großen Maschinen angepasst, sodass die landwirtschaftliche Nutzung so wenig wie möglich durch die Gehölze beeinträchtigt wird. Auf diese Weise ist auch in Agroforstsystemen eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion tierischer, ackerbaulicher und forstwirtschaftlicher Produkte möglich. Der Gestaltungsspielraum, der sich im Rahmen der Agroforstsysteme ergibt, ist dabei sehr vielfältig, sodass sich für fast jede landwirtschaftliche oder gartenbauliche Produktionsrichtung Möglichkeiten ergeben.


Film ab: Bäume auf dem Acker – Agroforst als Zukunft der Landwirtschaft?


Agroforst in Deutschland bislang eine Nische

Zahlen darüber, auf wie viel Fläche in Deutschland Agroforstwirtschaft betrieben wird, gibt es bislang nicht. Auf der Agroforst-Landkarte des Deutschen Fachverbands für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e. V. sind aktuell (Oktober 2023) 153 Agroforstflächen mit einer Gesamtfläche von gut 1.000 Hektar verzeichnet, die unterschiedlich stark über Deutschland verteilt sind. Drei Viertel der auf der DeFAF-Karte eingetragenen Betriebe liegen in den Bundesländern Bayern, Niedersachen, Brandenburg und Baden-Württemberg. Der Fachverband weist jedoch darauf hin, dass die tatsächliche Agroforstfläche vermutlich um einiges höher ist, da nicht alle hierzulande existierenden Flächen auf der Karte verzeichnet sind.

Laut DeFAF haben Systeme, bei denen Gehölze mit Nutztierhaltung kombiniert werden (silvopastoral) in Deutschland mit 50 Prozent den größten Flächenanteil. Als Erfolgsmodell haben sich hier vor allem Agroforstsysteme zur Geflügelhaltung herausgestellt. Eine Kombination von Gehölzen und Ackerbau (silvoarabel) findet nach DeFAF-Angaben auf 35 Prozent der Agroforstflächen statt. Die übrigen 15 Prozent sind eine Mischform aus Gehölzen, Ackerbau und Nutztierhaltung (agrosilvopastoral).

Über 60 Baumarten kommen laut DeFAF in deutschen Agroforstsystemen zum Einsatz. Am häufigsten werden Wal- bzw. Schwarznuss und Pappel verwendet. Dahinter folgen Obstbäume – allen voran Apfel, Kirsche und Birne. Unter den Straucharten sind Haselnuss und Holunder sehr beliebt.

In anderen Teilen Europas hat die Agroforstwirtschaft eine deutlich größere Bedeutung als in Deutschland. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 haben vor allem die südlich gelegenen Länder Zypern, Portugal und Griechenland hohe Agroforstflächenanteile von über 30 Prozent an der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Agroforstsysteme mit Beweidung machen dort den überwiegenden Anteil aus.

DeFAF - Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft

Der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e. V. ist ein junger, gemeinnütziger Verein, der sich für alle Anliegen rund um die Anlage, Bewirtschaftung, Verbreitung und Förderung von Agroforstsystemen in Deutschland einsetzt.
Wer die Arbeit des DeFAF unterstützen möchte und/oder weitere Fachinfos zur Agroforstwirtschaft sucht, wird auf der umfänglichen Webseite des Verbands fündig.

Bundesregierung will Agroforstfläche ausbauen

Weil Agroforstsysteme sich sehr positiv auf die Biodiversität auswirken, zum Klimaschutz beitragen und darüber hinaus zahlreiche Vorteile bieten, wurden sie als bedeutende Maßnahme in das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sowie in die Ackerbaustrategie 2035 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aufgenommen. Mit verschiedenen Maßnahmen, von denen einige bereits umgesetzt werden, will man die Neuanlage sowie Beibehaltung von Agroforstsystemen fördern. Laut GAP-Strategieplan der Bundesregierung soll auf diese Weise in Deutschland bis 2027 eine Agroforstgehölzfläche von 200.000 Hektar entstehen.


Letzte Aktualisierung 24.10.2023

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