Bruderhähne fallen neben Wasser- (Enten und Gänse), Spezialgeflügel (Miniputen, Wachteln, Fleischtauben) sowie Althennen unter die Einkaufsmenge des sonstigen Geflügels. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 2.300 Tonnen des sonstigen Geflügels eingekauft. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Einkaufsmenge annähernd verdreifacht. Allerdings waren die Einkaufsmengen 2019 deutlich zurückgegangen, weil insbesondere Gänse aufgrund einer Vogelgrippe aufgestallt werden mussten, und mangels Platzes deutlich früher und damit kleiner geschlachtet wurden als geplant.
Marktplatzierung birgt enorme Herausforderungen
Laut einer Auswertung der AMI-Strukturdaten bei den Öko-Kontrollstellen lebten 2019 rund 5,95 Millionen Bio-Legehennen in Deutschland. 41 Prozent der Bio-Legehennen lebten auf einem Betrieb der vier Bio-Verbände Biokreis, Bioland, Demeter und Naturland. Naturlandbetriebe halten dabei mit Abstand die meisten Legehennen. Ende 2020 haben die Verbände Demeter, Bioland, Naturland und Biokreis beschlossen, ab 2022 aus dem Kükentöten auszusteigen. Demnach müssen allein von diesen Verbandsbetrieben rund 2,7 Millionen Bio-Bruderhähne aufgezogen werden. Nach Angaben von Biohandel-online ziehen die Naturland-Betriebe bislang rund die Hälfte der Brüderhähne groß, bei Demeter sind es schon mehr als die Hälfte.
Sollten alle Bio-Brüder großgezogen werden, würden allein rund 8.500 Tonnen Schlachtgewicht beziehungsweise 5.400 Tonnen Bruderhahnfleisch erzeugt – Fleisch, für das es bislang nur begrenzt Verwendung gibt. Schon die Althennen, insbesondere aus den großen Legehennenbetrieben, werden teilweise konventionell vermarktet, weil diese Produkte kaum am Bio-Markt unterkommen. Würden nur die Verbandtiere aufgezogen, wären das immer noch 2.200 Tonnen Bruderhahn-Fleisch.
Um das ethische Dilemma zwischen Kükentöten, hohem Futterverbrauch und der Erzeugung von ungewohntem Fleisch zu lösen, ist nun insbesondere bei den Verarbeitungs- und Handelsunternehmen Kreativität gefragt. Der Verkauf wird wie bei der Bruderhahn-Initiative durch einen Mehrpreis bei den Eiern quersubventioniert. Aber auch die Produkte selbst müssen sich tragen. Die hohen Preise sind erklärungsbedürftig – aber einer informierten Kundschaft nicht nur im Direktverkauf, sondern auch im Naturkosthandel oder an der Fleischtheke vermarktbar. Wie bei vielen anderen Produkten zählt auch hier die Geschichte zum Produkt – und durchaus die Bereitschaft der Kundschaft nicht nur Eier, sondern auch einmal im Jahr einen Hahn dazuzukaufen.