Sachsen: Arbeitshilfe für Vergabestellen

Sachsen: Arbeitshilfe für Vergabestellen

Gutes, schmackhaftes Essen aus regionaler und gerne auch ökologischer Landwirtschaft wird in der Gemeinschaftsverpflegung zunehmend nachgefragt. Doch wie können Vergabestellen der öffentlichen Hand dies bei Ausschreibungen erfolgreich umsetzen? Das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft hat dazu eine Arbeitshilfe veröffentlicht. Sie bietet nützliche Tipps für Vergabestellen in ganz Deutschland.

Die Arbeitshilfe soll Vergabestellen und Trägern von Schulen, Kitas und anderen öffentlichen Einrichtungen juristisch geprüfte Handlungsempfehlungen für die Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren für Verpflegungsleistungen an die Hand geben. Die gut strukturierte Arbeitshilfe ist eine nützliche Ergänzung zu dem vom Netzwerk der Bio-Städte vorgelegten Praxisleitfaden und dem vom bayerischen Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) erarbeiteten Wegweiser für die Vergabe von Verpflegungsdienstleistungen. Denn sie enthält einige neuere und aktualisierte Aspekte, die auch für Vergabestellen in anderen Bundesländern interessant sein dürften.

Für eine einfache Nutzung steht nun eine Online-Anwendung dieser Arbeitshilfe zur Verfügung. Diese ermöglicht es konkrete Formulierungsvorschläge für Textbausteine zu einer Leistungsbeschreibung für Verpflegungsleistungen zusammenzustellen. Tipps zum Vergabeprozess sowie Inhalte der neuen Bio-Außer-Haus-Verpflegung-Verordnung sind  berücksichtigt.

Die Online-Anwendung kann hier kostenfrei genutzt werden: Arbeitshilfe Gemeinschaftsverpflegung für Vergabestellen (SMEKUL)

Nützliche Tipps für Vergabestellen

So wurden insbesondere neuere rechtliche Entwicklungen noch stärker berücksichtigt, wie beispielsweise zum Zusammenhang zwischen Verpflegungssystem und der rechtlichen Einordnung als vergaberechtlich privilegierte "soziale Dienstleistung" und zur Frage der Regionalität in Vergabeverfahren. Zudem legt die neue Arbeitshilfe einen deutlichen Fokus auf die Vorbereitung von Beschaffungsverfahren: namentlich der Bedarfsermittlung und Markterkundung. Weiter enthält die Publikation ein ausführliches Kapitel zur Kontrolle und zu Sanktionen im Sinne der Qualitätssicherung. Ein wichtiger, aber bisher häufig vernachlässigter Aspekt bei Vergabeverfahren. Die juristische Expertise dazu kam von Prof. Dr. Christopher Zeiss, einem renommierten Experten zum Vergaberecht.

Bedarfsermittlung und Markterkundung

Damit bei Ausschreibungen zur Außer-Haus-Verpflegung die Leistungsbeschreibung zielgenau trifft, müssen im Vorfeld eine fundierte Bedarfsermittlung und eine Markterkundung durchgeführt werden. Welche Produkte sind in welcher Qualität gewünscht? Bevor hierzu Ziele und Kriterien im Vergabeverfahren definiert werden, sollten die zuständigen Stellen jedoch prüfen, was der Markt in der Region überhaupt leisten kann. Wenn beispielsweise gefordert wird, dass der Anteil an saisonalem Gemüse auch im Winter bei 60 Prozent liegen soll, sollte vorher geklärt werden, ob die Betriebe vor Ort diese Waren überhaupt in den gewünschten Mengen und der vorverarbeiteten Qualität liefern können. Denn wenn ins Blaue hinein Forderungen aufgestellt werden, die der Markt nicht erfüllen kann, führt die Ausschreibung unter Umständen zu keinem befriedigenden Ergebnis. Kontakte zu Catering- oder Dienstleistungsfirmen im Vorfeld des Beschaffungsverfahrens seien nicht nur rechtlich ausdrücklich zulässig sondern geboten, betont die Arbeitshilfe.

Hilfreiche Infos zur Beschaffung

Das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) bietet umfangreiche Hilfestellungen für die Beschaffung nachhaltiger Kita- und Schulverpflegung:

Die Web-Seminarreihe "Beschaffung von Schulverpflegung" bringt in kompakter und digitaler Form aktuelles Wissen und Hilfestellung zum Beschaffungsmanagement von Schulverpflegung direkt zum Schulträger. Verantwortliche für die Beschaffung können sich direkt mit Fachleuten austauschen.

Der digitale Leitfaden fasst alle rechtlichen Hintergründe zum Beschaffungsprozess und viele hilfreiche Tipps für eine erfolgreiche Beschaffung zusammen.

Darüber hinaus finden Sie zahlreiche Arbeitshilfen rund um das Thema Vergabe und Ausschreibung von Schulverpflegung in der NQZ-Datenbank.

Rechtliche Vorgaben für Bio-Produkte

Ausführlich behandelt die Publikation, welche rechtlichen Weichenstellungen in einem Vergabeverfahren möglich sind: So kann die Beschaffung von Verpflegungsleistungen für Kitas, Mensen und Kantinen in Form eines Auftrages oder eines Dienstleistungsvertrages erfolgen. Die Aufteilung in Lose kann hilfreich sein, damit kleinere regionale Cateringfirmen eine realistische Chance haben, sich am Verfahren zu beteiligen. Die Forderung nach einem Bio-Anteil kann in der Leistungsbeschreibung über einen Mindeststandard (A-Kriterium) erfolgen, oder darüber hinaus als Zuschlagskriterium (B-Kriterium) berücksichtigt werden. Diese beiden Möglichkeiten werden ausführlich beschrieben und dazu auch Textbausteine vorgeschlagen. Auch Qualitätskriterien wie Fisch aus nachhaltigem Fang, fair gehandelte Produkte oder die Vermeidung von Abfällen werden praxisnah vorgestellt.

Dilemma Regionalität in Vergabeverfahren

Dass die Forderung nach regionalen Lieferunternehmen in öffentlichen Vergabeverfahren unzulässig ist, dürfte inzwischen bei ausschreibenden Stellen bekannt sein und wurde in einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages im Jahr 2021 nochmals ausführlich dargelegt.

Aber wie können Vergabestellen in der Praxis mit diesem Dilemma zwischen dem Wunsch nach bioregionalen Produkten und den rechtlichen Einschränkungen umgehen? Die Arbeitshilfe drückt sich nicht um diese brisante Fragestellung und gibt ganz konkrete Hinweise dazu, welche Forderungen nach Regionalität im Vergaberecht nicht erlaubt bzw. möglich sind. So ist die Forderung nach einem saisonalen Speiseangebot durchaus zulässig und kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass frische und eher auch regionale Lebensmittel verwendet werden.

Wie lässt sich die Qualität überprüfen?

In einer Ausschreibung sollte man nicht fordern, was man nicht kontrollieren kann. So lautet ein zentraler vergaberechtlicher Grundsatz. Die vom Auftrag- oder Dienstleistungsnehmenden übernommenen Verpflichtungen müssen juristisch durchsetzbar sein. Die Arbeitshilfe nennt daher konkrete Maßnahmen zur Qualitätskontrolle und zur Sanktionierung von Pflichtverletzungen. Beispielsweise können die ausschreibenden Stellen verlangen, dass Cateringunternehmen in einem definierten Zeitraum den geforderten Bio-Anteil einhalten und nachweisen. Für Regelungen zur Qualitätskontrolle und Sanktionierung bei Pflichtverletzungen liefert die Arbeitshilfe konkrete Formulierungsvorschläge.

Mit den Vergabeverfahren zur Außer-Haus-Verpflegung haben öffentliche Stellen einen wichtigen Hebel in der Hand, um mehr regionale und biologische Produkte auf die Teller zu bringen. Gleichzeitig stärken solche Strategien auch regionale Wertschöpfungsketten und haben das Potenzial, Umwelt und Klima zu schützen. Die neue Arbeitshilfe für "Mehr Regio- und Bio-Regio-Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung in Sachsen" gibt dazu nützliche Tipps und auch für Nichtjuristen verständliche Hintergrundinformationen. Eine interessante Informationsquelle – nicht nur für Vergabestellen in Sachsen.


Letzte Aktualisierung 04.08.2023

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