Mehr regionale Bio-Produkte in Schulen bringen

Mehr regionale Bio-Produkte in Schulen bringen

In den Schulmensen und Kantinen der Ökomodell-Region Lahn-Dill-Gießen kommen immer noch zu selten Produkte aus regionalem Bio-Anbau auf die Teller. Das Projekt „Nah.Land.Küche“ zeigt, dass sich dies mit Partnerschaften zwischen Erzeugung und Gemeinschaftsverpflegung ändern könnte – wenn beide Seite sich darauf einlassen.

Dinkelvollkornnudeln in der Schulmensa? Bei der Tafel Wetzlar, die das Essen für die Geschwister-Scholl-Schule in Wetzlar liefert, war man skeptisch. Bis das neue Produkt bei einem Aktionstag zum Einsatz kam. Susanne Kürten und Christof Mayer von der Tafel Wetzlar schrieben danach: „Wider Erwarten sind die Nudeln bei den Kindern der Mensa durchaus ein Renner.“ Das Besondere daran: Sie sind ein echt regionales Bio-Produkt, das im Zuge des Projekts „Nah.Land.Küche“ entwickelt wurde.

Das Ziel: regionale Wertschöpfungsketten

Initiiert wurde das Projekt 2020 von der Abteilung für den ländlichen Raum für die Kreise Lahn-Dill und Gießen, das Land Hessen förderte es als Teil der hessischen Ernährungsstrategie. Die Managerin der Ökomodell-Region, Marie-Charlotte Zeibig, erklärt: „Wenn es um die Erhöhung des Bio-Anteils in der Schulverpflegung geht, sind wir in der Vergangenheit immer wieder bei der Frage gelandet, welche Produkte aus der Region dafür überhaupt zur Verfügung stehen. Deshalb haben wir uns mit diesem Projekt das Ziel gesetzt, genau das zu analysieren und regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen, um dadurch den Anteil bio-regionaler Lebensmittel in der Schulverpflegung messbar zu steigern.“

Für die Durchführung wurden die Bio-Expertinnen und -Experten der FiBL Projekte GmbH und der Ecozept GbR ins Boot geholt. Insgesamt acht Schulen aus dem Lahn-Dill-Kreis sowie Stadt und Kreis Gießen nahmen teil, außerdem die sechs Küchen beziehungsweise Cateringunternehmen, die bei ihnen für das Mittagessen sorgen. Zum Projektstart im Sommer 2021 ging es erst einmal darum, das landwirtschaftliche Angebot in der Region und den Bedarf der Küchen zu analysieren. Folgende Produkte wurden als Fokusprodukte ausgewählt:

  • Kartoffeln
  • Kürbis
  • Dinkel

Vorverarbeitung bei Kartoffeln und Kürbissen ist ein Knackpunkt

Den größten Erfolg konnte das Projekt überraschenderweise beim Dinkel verzeichnen – obwohl die Lieferkette hier besonders lang ist, wie die Schulkinder staunend lernten. Das Korn für die Dinkelvollkornnudeln wächst auf Feldern in der Ökomodell-Region Lahn-Dill-Gießen, wird ebenfalls in der Region entspelzt und dann zur 150 Kilometer entfernt gelegenen Mühle gefahren. Aus dem Dinkelmehl entstehen in einer angrenzenden Ökomodell-Region die Nudeln. Und die kamen an zwei Aktionstagen im November 2023 auf die Teller von Schulkindern der Projektschulen, beispielsweise mit vegetarischem Paprikagulasch oder in einer Gemüsepfanne mit Kürbis und Schwarzkohl.

Bei anderen Fokusprodukten stießen die Projektbeteiligten dagegen auf größere Probleme. Denn um Kartoffeln oder Kürbis direkt aus der Kiste des anbauenden Hofs zu verwenden, haben die Großküchen meist keine Kapazitäten. Es fehlen aber Vorverarbeitungsbetriebe in der Region, die geschälte Kartoffeln oder Kürbis in Stücken an die Schulen liefern könnten. Ein Folgeprojekt soll genau hier ansetzen: Die FiBL Projekte GmbH will in Zusammenarbeit mit einem Catering- und einem Inklusionsunternehmen den Aufbau eines Vorverarbeitungsbetriebes begleiten.

Einkaufen mit knappem Budget

Das Thema Vorverarbeitung sollte nicht die einzige Hürde im Projekt bleiben. Auch die Logistik stellte die Projektbeteiligten vor Herausforderungen – gerade die regelmäßige, kleinteilige Anlieferung für die Schulküchen, die täglich nur übersichtliche Mengen verbrauchen, aber keine Lagerkapazitäten haben. Kleine und größere Betriebe brauchen also dringend eine getrennte Logistik, für die entsprechende Partner gefunden werden müssen.

Hinzu kam der finanzielle Aspekt. Aufseiten der Küchen erschweren die geringen Verpflegungspauschalen den Einkauf so manches bio-regionalen Produkts. Für die landwirtschaftlichen Betriebe bedeuten die begrenzten Budgets und die damit verbundenen geringen Preise wiederum, dass Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung zum anspruchsvollen Kundenkreis gehören.

Dass dennoch schon im ersten Projektjahr 2022 bei den teilnehmenden Cateringunternehmen 3,6 Tonnen Bio-Kartoffeln aus der Region eingesetzt werden konnten, ist daher ein beachtlicher Erfolg. Um dauerhaft auf solche Mengen zu kommen, werden allerdings Anbauabsprachen und Abnahmegarantien notwendig sein. „Wir haben aus dem Projekt gelernt, dass eine dauerhafte Erhöhung des Anteils an regionalen Bio-Lebensmitteln nur dann gelingt, wenn Anbieterinnen und Anbieter sowie Abnehmerinnen und Abnehmer tragfähige und langfristige Geschäftsbeziehungen eingehen“, so Margot Schäfer, Leiterin der Abteilung für den ländlicher Raum.

Begeisterung für regionale Bio-Produkte ist da

Allen Herausforderungen zum Trotz: Die Aktionstage zum Abschluss des Projekts wurden ein voller Erfolg, nicht nur für Dinkelnudelfans. Die Liste der Gerichte, die aus den bio-regionalen Fokusprodukten entwickelt wurden, macht Appetit: Kartoffel-Kürbis-Gratin, Kürbispfanne mit Linsen und Couscous und Kartoffel-Kürbis-Stampf zu Hähnchen-Cordon-bleu kamen gut an. Und das nicht nur bei Schulkindern: Weil die Medien über das Projekt „Nah.Land.Küche“ berichtet hatten, schlossen sich zwei Betriebskantinen an und konnten danach vermelden, ihre Tischgäste seien begeistert gewesen, Zutaten aus regionalem Bio-Anbau auf den Teller zu bekommen.

Es bleibt zu hoffen, dass die positive Wirkung auch in den beteiligten Schulen anhält, wo andere Probleme und Themen die Beschäftigung mit nachhaltig erzeugten regionalen Lebensmitteln auf der Prioritätenliste eher nach unten schieben. Mit den pädagogischen Maßnahmen, die das Projekt begleiteten, wurde zumindest der Grundstein gelegt: Mehr als hundert Kinder besuchten einen landwirtschaftlichen Betrieb, ähnlich viele wissen jetzt, wo der Dinkel für ihre Lieblingsnudeln wächst und wie viele Schritte notwendig sind, damit aus den Körnern die „Nah.Land.Küche“-Nudeln werden. Sie bleiben der heimliche Star des Projekts und werden auch künftig in Schulmensen auf den Tisch kommen.


Letzte Aktualisierung 03.05.2024

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