Arbeitgeber für Geflüchtete

Arbeitgeber für Geflüchtete

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschreibt Integration als einen langfristigen Prozess. Sein Ziel ist es, alle Menschen, die rechtmäßig in Deutschland leben, in die Gesellschaft einzubeziehen. So soll eine gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglicht werden. Im Gegenzug sollen Zugewanderte Deutsch lernen, die Verfassung und Gesetze kennen und respektieren. Unternehmen können in Zeiten der Globalisierung aber auch wirtschaftlich von der Vielfalt profitieren. Denn eine persönliche und kulturelle Vielfalt im Betrieb kann als genereller Mehrwert begriffen werden.

Integration im Mittelstand – Vorbilder aus der Praxis

Große Konzerne haben es vorgelebt. Das Wissen um die Bereicherung durch interkulturelle Kompetenz in Betrieben ist aber auch schon lange im Mittelstand angekommen. Mittlerweile pflegen die meisten Unternehmen jeder Größenordnung Geschäftsbeziehungen ins Ausland. Sei es als Kundin oder Kunde, Lieferantin oder Lieferant, als Produzentin oder Produzent oder durch eine Vertriebspartnerschaft. Interkulturelle Kompetenzen gewinnen an Bedeutung, dazu gehören beispielsweise Grundkenntnisse anderer Kulturen. Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, Menschen anderer Kulturkreise vorurteilsfrei zu begegnen sind daher unabdingbar. Migrantinnen und Migranten bringen sowohl Kenntnisse der Heimatkultur, als auch der Sprache mit. Davon können Unternehmen im Geschäftsalltag profitieren.

Knapp 75 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus den acht nicht europäischen Herkunftsländern waren im August 2017 in kleinen oder mittelständischen Betrieben beschäftigt. Es handelt sich dabei überwiegend um Geflüchtete, die aus den Ländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien kommen.

So auch im Unternehmen der Brauerei Clemens Härle KG. Die Traditions-Brauerei wird als Familienbetrieb geführt. Esther Straub als Mitglied der Geschäftsführung berichtet, dass "der starke Wunsch auch etwas zu tun" und der Aufruf der Politik, Arbeitsplätze für Flüchtlinge zu schaffen noch im Jahr 2015 umgesetzt wurde. "Wir haben die Möglichkeit gesehen uns zu engagieren und sie ergriffen."

Zugang und Voraussetzungen zum Arbeitsmarkt

Viele Betriebe wählen die Möglichkeit eines sechs bis maximal zwölf Monate dauernden Praktikums als Einstiegsqualifizierung. Dies bietet sich an, um geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für eine spätere Ausbildung an den Betrieb heranzuführen. Während der Einstiegsqualifizierung können die Betriebe die Fähigkeiten bereits im Vorfeld einschätzen. Die größte Herausforderung stellt das Erlernen der Sprache dar. Parallel zum Praktikum besteht die Möglichkeit, sich durch (berufsbezogene) Sprachkurse vorzubereiten.

Das Praktikum können auch Asylbewerber und Geduldete in Anspruch nehmen. Angestrebtes Ziel sollte die anschließende Übernahme in eine Ausbildung sein. Die Förderung muss vor Praktikumsstart bei der Agentur für Arbeit beantragt und die Arbeitserlaubnis von der regionalen Ausländerbehörde eingeholt werden. Die Einstiegsqualifizierung als Praktikum ist sozialversicherungs- und vergütungspflichtig und wird durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert. Das Unternehmen trägt die Sach- und Personalkosten sowie die Beiträge an die Berufsgenossenschaft. Spezielle Programme für Flüchtlinge werden auch von den Arbeitsagenturen und Jobcentern angeboten.

Als Zugangsvoraussetzung für Flüchtlinge zur Arbeit im Familienbetrieb nennt Frau Straub vor allem "Motivation und Engagement des Einzelnen". Sie müssten sich mit den ihnen fremden, neuen Anforderungen und Arbeitsabläufen vertraut machen können. Fehlende Fertigkeiten würden im Arbeitsalltag und mit Fortbildungen vermittelt, so Straub. Fünf Angestellte mit Fluchthintergrund zählt das Unternehmen, eine Praktikantin oder ein Praktikant wird nach dem Integrationskurs festangestellt.

Das Erlernen der Sprache aber sei die Schlüsselkompetenz. In Ermangelung von Kursen erfolgte die dringend erforderliche Alphabetisierung und der "Deutsch-Kurs" der ersten Geflüchteten bei der Brauerei Härle kurzerhand noch in Eigenregie im Betrieb. Mittlerweile habe man aber auch einen Praktikanten in einem Integrationskurs untergebracht.

Die Finanzierung von Sprachpaten oder berufsbezogenen Sprachkursen durch den Betrieb kann durch das öffentlich geförderte Angebot gut unterstützt werden.

Beschäftigung von Geflüchteten - Aussichten und Nutzen

Auch im Unternehmen der Brauerei Härle teilt man die Ansicht, dass neben der Hauptkompetenz Sprache ein sicherer Arbeitsplatz die Integration der Geflüchteten erheblich beschleunigt. "Wir sind froh, endlich auch Mitarbeiter für einfachere Helfer-Tätigkeiten zu haben. Wir haben niemanden gefunden, der uns zum Beispiel die leeren Getränkekästen auf das Band stellt" so Straub. "Auch diese Arbeiten müssen motiviert und gewissenhaft gemacht werden." Auch in den Bereich der Logistik, Abfüllung und des Transportes sei es schwer, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. "Die Flüchtlinge sind hier ein toller Nachwuchs für den Mittelstand" sagt Esther Straub. Mit viel Engagement und nicht unerheblichen Mitteln habe man die Integration der Flüchtlinge forciert. Sie sind zwischenzeitlich eingearbeitet, leisten anerkannten Beitrag im Unternehmen und sind auch sozial gut integriert. Ein Verlust dieser  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre nach der Einschätzung des Unternehmens ein großer wirtschaftlicher Schaden: denn die Arbeitskräfte werden dringend gebraucht.

Auch in vielen weiteren Betrieben in der Region habe man ebenfalls gute Erfahrungen gemacht, sagt Straub, beispielsweise in den Bereichen Dienstleistung und Gastronomie, Bäckerhandwerk, Altenpflege und auch in der Produktion von zum Beispiel Sportkleidung. Letztlich sind sich alle einig. Die Einstellung von Geflüchteten ist eine Chance, dem akuten Mangel an Auszubildenden und Arbeitskräften zu begegnen.


Letzte Aktualisierung 24.03.2022

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