Faires Wirtschaften

Faires wirtschaften

Ein grundlegendes Verständnis von Fairness im biologischen Landbau hat die internationale Dachorganisation IFOAM (International Federation of Organic Agriculture Movements) in ihren Grundsätzen festgehalten. Die zentrale Aussage lautet:

"Ökolandbau soll auf Beziehungen aufbauen, die Gerechtigkeit garantieren im Hinblick auf die gemeinsame Umwelt und Chancengleichheit im Leben." (IFOAM, 2005)

Der Grundsatz ist also sehr umfangreich und beschränkt sich nicht auf den (internationalen) Handel.

Frühere und heutige Bedeutung

Die Verwendung der Begriffe Bio & Fair bezieht sich heute hauptsächlich auf Fairness im Marktgeschehen. Im Vergleich mit der Zeit der Biopioniere sind die Biowertschöpfungsketten inzwischen oft komplex und schwer durchschaubar. In den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau sind Fairness-Werte nur schwach oder gar nicht verankert, und neue, stark marktorientierte Akteure haben großen Einfluss auf den Umgang zwischen den Handelspartnern gewonnen. Damit erodieren die Werte der Gründergeneration. Verbindliche Regelungen zu Fairness auch im Inland gewinnen daher an Bedeutung.

Umsetzung in den Richtlinien und der Verbandsarbeit

Es gibt unterschiedliche Ansätze zur Umsetzung. Einige Verbände, zum Beispiel Naturland, haben eine freiwillige Zusatz-Zertifizierung entwickelt, für die bei der Biokontrolle bestimmte Fairness-Kriterien geprüft werden. Andere Verbände, wie Demeter und Bio Suisse, versuchen, durch eine Charta (Demeter) bzw. einen Verhaltenskodex (Bio Suisse) eine breite Fairness-Diskussion im Verband anzustoßen und durch Marktgespräche eine Vertrauenspartnerschaft und damit höhere Verbindlichkeit unter möglichst vielen Handelspartnern zu erreichen.

Verbandsübergreifende Initiativen gibt es auf regionaler Ebene (zum Beispiel fair & regional Bio Berlin Brandenburg, RegioFair Bio Zentralschweiz) und auf nationaler Ebene (zum Beispiel Bestes Bio-fair für alle). Neben dem Thema faire Preise greifen diese Initiativen weitere Themen wie regionales und ökologisches Engagement und den Umgang mit den Angestellten der Unternehmen auf. Unterschiede bestehen darin, ob alle Akteure der Wertschöpfungskette - vom Landwirt über die Verarbeiter bis zum Handel - in den Initiativen vertreten sind, oder ob der Fokus  auf einem Anbauverband oder auf den verarbeitenden Unternehmen liegt. Je größer die Vielfalt der beteiligten Akteure, desto höher die Chance auf vertiefteres Wissen um unterschiedliche Bedürfnisse und damit die Berücksichtigung möglichst aller Interessen.

"Wenn man aber sagt, wir machen runde Tische, wir tauschen uns aus, wir vernetzen uns und finden dann auch einen sinnvollen Preis, weil Markttransparenz entsteht. Der Bauer weiß, warum jetzt der Sack Getreide nur noch die Hälfte kosten kann, weil auf dem Markt so viel los ist oder so, dann wird das transparent und wird dann auch fair." (Aussage eines Landwirtes).

Ziele für die Zukunft

Die Bio&Fair-Bewegung ist noch jung und verfügt bisher nicht über allgemeingültige Standards und Kontrollinstrumente. In Zukunft wird es neben angemessenen Preisen für Produzenten, Verarbeiter und den Handel vermehrt um Aspekte wie Transparenz, gegenseitigen Respekt und Verbindlichkeit in den Handelsbeziehungen gehen. Die Verbindung von Fairness mit der regionalen Herkunft der Lebensmittel und dem Umgang mit den Angestellten wird an Bedeutung gewinnen.

Gegenwärtig werden auch neuartige Systeme zur Überprüfung des fairen Umgangs miteinander erprobt, wie beispielsweise Diskussions-Foren oder Online-Befragungen von Produzenten und Abnehmern (zum Beispiel bei Bio Suisse). Verständnis für die Situation des Handelspartners wächst am ehesten im persönlichen Gespräch: "Runde Tische" mit den verschiedenen Akteuren der Wertschöpfungskette stellen daher in allen Initiativen ein wichtiges Instrument dar, mit dem Ziel, sich auf gleicher Augenhöhe auszutauschen. Weiterhin wird häufig ein Gremium von neutralen Vertrauenspersonen gewählt, an die sich Verarbeiter, Händler oder Landwirte wenden können, falls sie sich "unfair" von einem ihrer Handelspartner behandelt fühlen.


Autoren

Jörg Schumacher, Bio Suisse; Martina Schäfer, Zentrum Technik und Gesellschaft; Otto Schmid, FiBL
Kontakt
Joerg.schumacher@bio-suisse.ch

Letzte Aktualisierung 31.08.2017

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