Qualität ökologischer Verarbeitung

Qualität ökologischer Verarbeitung

Verbrauchererwartungen und das Potenzial zur Prozessoptimierung

"Ökologische Lebensmittel sind gut für die Gesundheit" - diese Erwartung gehört zu den maßgeblichen Beweggründen von Käuferinnen und Käufern ökologischer Produkte. Neben den in den letzten Jahren stark im Verbraucherbewusstsein gestiegenen Gründen "artgerechte Tierhaltung" und "Regionalität" sind die Gesundheit, niedrige Schadstoff- oder Pestizidbelastung, optimale Frische und Qualität Stichworte, die auch im Jahr 2019 in der repräsentativen Studie "Ökobarometer " mit Bio-Lebensmitteln in Verbindung gebracht werden. Die Nationale Verzehrsstudie II unterstützt diese Aussage: Bio-Käuferinnen und Bio-Käufer führen einen gesünderen Lebensstil - sowohl bei der Auswahl der Lebensmittel als auch im Hinblick auf gesundheitsbewusstes Verhalten, wie ausreichende Bewegung, verminderter Fleisch- oder Alkoholkonsum.

Gesundheitswert ökologischer Rohwaren

Gesunde Bio-Lebensmittel sind nicht nur Wunschdenken der Verbraucherinnen und Verbraucher. Tatsächlich gibt es zahlreiche Studien, die die hohe Produktqualität ökologisch erzeugter Rohwaren belegen: ein höherer Trockenmassegehalt, weniger wertmindernde Inhaltsstoffe (beispielsweise Nitrat) und weniger Pestizidrückstände. Teilweise kann ein höherer Vitamingehalt, mehr sekundäre Pflanzenstoffe und ein höhrerer Anteil der guten Fette nachgewiesen werden. Doch wie steht es mit den verarbeiteten Produkten ökologischer Hersteller? Wie gesund können Bio-Lebensmittel sein, die in hohem Maße verarbeitet sind? Können die Erwartungen an eine besondere Bio-Qualität in diesem Fall ebenso erfüllt werden?

Rechtliche Vorgaben für Verarbeitungsprozesse sind ausbaufähig

Eine definierte Prozessqualität ökologischer Verarbeitung ist in den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau nicht vorgegeben. Neben dem Ausschluss zweier Produktionsverfahren (Gentechnik, ionisierende Bestrahlung) und der Limitierung von Zusatzstoffen gibt es lediglich vage Angaben zu den Produktionsprozessen:

  • "… Ausschluss von Stoffen und Herstellungsverfahren, die in Bezug auf die tatsächliche Beschaffenheit des Erzeugnisses irreführend sein könnten."
  • "… sorgfältige Verarbeitung der Lebensmittel, vorzugsweise unter Anwendung biologischer, mechanischer und physikalischer Methoden." (EU-Öko-Basisverordnung, Artikel 6c und d)

Die bundesdeutschen Verbandsrichtlinien werden hier zum Teil etwas konkreter. Beispielweise verbietet Naturland auch den Einsatz von Nanomaterialien und gibt eine die EU-Rechtsvorschriften differenzierende aber dennoch relativ allgemein gehaltene Positivliste erlaubter Verfahren vor.

Optimierungspotenzial bei Prozess- und Produktqualität wurde untersucht

Eine besondere ökologische Qualität in der Verarbeitung zu erreichen, liegt in Europa also weitestgehend in der Hand der verarbeitenden Unternehmen. Welcher Einfluss darauf genommen werden kann, zeigen Untersuchungen anhand von einfach verarbeiteten Produkten. Es wurde die Prozessqualität bei der Herstellung von Karotten-Babygläschen anhand der Qualität des Endproduktes und deren verschiedenen Zubereitungsarten untersucht. Dabei konnten erhebliche Unterschiede festgestellt werden, vor allem im Bereich der Sensorik. Ein großer Einfluss wurde durch die Rohware und Vorverarbeitung der Hauptzutat Karotte festgestellt. Durchweg positive sensorische Bewertungen konnten Karotten direkt aus der Lagerung erzielen, die nicht vorverarbeitet wurden (autoklaviert, tiefgefroren, pasteurisiertes Mus). Auch Hitzebelastung und Temperaturverlauf (zum Beispiel die Variationen innerhalb einer Verarbeitungseinheit) spielen eine maßgebliche Rolle. Produktionsanlagen, Verpackungsanlage und beispielsweise die Bestückung des Autoklaven sind dabei zu berücksichtigen und bieten Potenzial zur Optimierung. Der Bezug von Rohware aus Vertragsanbau stellt eine optimale Grundlage für eine beständige und vor allem gut kommunizierte Rohwarenqualität dar.

Wie sollen die Qualitätsparameter ökologischer Verarbeitung aussehen?

Im Zuge von Lebensmittelsicherheit und Effizienzsteigerung werden landwirtschaftliche Produkte mit einer hohen Qualität in zahlreichen verarbeiteten Produkten oftmals mehr als ursprünglich nötig verarbeitet. Hochverarbeitete Produkte haben in unserem heutigen Lebensstil der "to go"- und Fertigprodukte jedoch einen berechtigten und nicht zu vernachlässigenden Markt und stellen eine zukunftsträchtige Produktsparte dar. Dieser Herausforderung können sich Verarbeiter mit einer kritischen Analyse ihres Produktionsprozesses (siehe oben) stellen. So können auch Fertigprodukte mit einer schonenden Verarbeitung einen hohen Qualitätsstandard erfüllen.

Vergessen werden sollten dabei jedoch nicht die ursprüngliche ökologische Verarbeitung und damit die Notwendigkeit, ein Produkt so natürlich und schonend wie möglich herzustellen. Weitere Verarbeitung kann somit eine "Aufarbeitung" bedeuten - im Sinne einer Veredelung der hohen Qualität ökologischer Rohwaren. Auf diesem Gebiet sind sowohl Rückbesinnung als auch Innovationen gefragt, um diese hochwertige und handwerkliche Verarbeitung beizubehalten und zu entwickeln.

Unternehmensphilosophie und Kundenkommunikation als Vorreiter

Es gilt zu differenzieren, welche Käuferinnengruppe und Käufergruppe mit einem Produkt bedient und auch, welche Richtung im Unternehmen eingeschlagen werden soll. Ökologische Verarbeiterinnen und Verarbeiter können hier mit der Kommunikation der hauseigenen Qualitätsrichtlinien im Sinne einer Unternehmensphilosophie gegenüber ihrer Kundschaft wirksam punkten. Eine solche Kommunikation kann dazu beitragen, dass die Differenz zwischen der eingangs beschriebenen Kundenerwartung und der Praxis ökologischer Verarbeitung beziehungsweise den Vorgaben durch die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau abgebaut wird.


Letzte Aktualisierung 12.01.2021

Nach oben
Nach oben