Ionentauscher und Adsorberharze in der Bio-Verarbeitung

Ionentauscher und Adsorberharze in der Bio-Verarbeitung

Mit der neuen Bio-Verordnung hat der Gesetzgeber entschieden, dass die Anwendung von Ionentauschern und Adsorberharzen bei der Herstellung ökologischer Lebensmittel verboten wird. Lediglich in Ausnahmen ist eine Verwendung zulässig. Bei diesem Thema herrschte jahrelang Unsicherheit durch unterschiedliche rechtliche Auslegungen innerhalb der Europäischen Union. Dieser Streit ist nun beendet.

Laut der neuen EU-Öko Verordnung 2020/464 dürfen Ionentauscher und Adsorberharze nur noch für einige ökologische Lebensmittel für besondere Ernährungszwecke (Verordnung (EU) Nr. 609/2013 Art 1 Absatz 1 a) und b)) verwendet werden. Im Wesentlichen also Erzeugnisse, die der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern dienen.

Wie funktionieren die Verfahren?

Ionentauscher und Adsorberharze sind Substanzen, die als molekulare Filter bezeichnet werden können. Durch ihren Einsatz werden zum Beispiel Ionen gegen andere Ionen ausgetauscht oder sehr spezifisch Substanzen wie Säuren oder Farbstoffe aus einem Produkt entfernt. Ionentauscher beziehungsweise Adsorberharze werden bei der Herstellung unterschiedlicher Lebensmittel angewendet, zum Beispiel in der Zuckerindustrie, bei der Herstellung von Stärkeverzuckerungsprodukten, der Aufbereitung von Fruchtsäften oder in der Milchindustrie.

Warum gibt es jetzt eine Regelung?

Jahrelang gab es rechtliche Unsicherheiten in Bezug auf die Zulassung von Ionentauschern und Adsorberharzen bei der Herstellung ökologischer Lebensmittel. Diese waren dadurch verursacht, dass es aus rechtlicher Sicht unklar war, ob der Einsatz dieser Substanzen als technologisches Verfahren einzustufen ist oder die Stoffe als technische Hilfsstoffe zu betrachten sind.

In der Vergangenheit vertraten die EU-Mitgliedsländer unterschiedliche Auffassungen. Einige stuften die Verwendung als technologisches Verfahren ein, das nicht durch die EU-Rechtsvorschriften für ökologische Lebensmittel geregelt ist. Damit war die Anwendung bei der Herstellung eines ökologischen Lebensmittels zulässig.

Andere Mitgliedstaaten vertraten die Auffassung, dass die Verwendung von Ionentauschern und Adsorberharzen als technische Hilfsstoffe anzusehen seien. Das bedeutet, sie unterliegen damit dem Regelungsbereich der EU-Öko-Verordnung und müssten in Anhang VIII B) der Verordnung (EG) 889/2008 gelistet sein. Da diese Stoffe dort nicht gelistet sind, wären sie für die Anwendung in ökologischen Lebensmitteln verboten. Diese Situation führte zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen und damit Konflikten unter den Marktbeteiligten innerhalb der EU.

Was sagt der Gesetzgeber?

Das Beratungsgremium der EU-Kommission, die "Expert group for technical advice on organic production" (EGTOP), hat das Thema Ionentauscher und Adsorberharze in den letzten Jahren mehrere Male in seinen Sitzungen besprochen und bewertet. In ihren Berichten von 2014 und 2019 kommt EGTOP zu dem Ergebnis, dass der Einsatz dieser Technik sehr produktindividuell betrachtet werden muss. Grundsätzlich bewertet das Gremium die Technik jedoch so, dass sie nicht mit den Prinzipien für die Herstellung von ökologischen Lebensmittel übereinstimmt, da sie zu tief auf der molekularen Ebene in die tatsächliche Beschaffenheit des Produktes eingreifen kann. 

Dies spiegelt sich nun auch in der neuen EU-Öko-Verordnung wider. Der Gesetzgeber regelt in Artikel 23 der Verordnung (EU) 2020/464 die in der Lebensmittelverarbeitung zugelassene Verfahren. Indem er die Ionentausch- und Adsorbtionsharzverfahren nun explizit für wenige Anwendungen freigibt, ist abschließend geklärt, dass deren Anwendung für andere Zwecke in der Verarbeitung ökologischer Lebensmittel nicht zulässig ist. Diese Vorgabe tritt zum 1. Januar 2021 in Kraft.

Der Gesetzgeber räumt den Mitgliedsländern jedoch das Recht ein, Anträge zur Prüfung der Zulässigkeit von Verfahren einzureichen.  Diese werden dann wie üblich begutachtet und bewertet, und haben eine Entscheidung zur Folge, die gegebenenfalls in einem Rechtsakt in Kraft gesetzt wird.

Verordnung (EU) 2020/464

Bei welchen Produkten muss das Verfahren der Ionentauscher ersetzt werden?

  • Bio-Glukosesirupe (flüssig/getrocknet), Bio-Maltodextrine und Bio-Dextrose (kristallin), Bio-Agenamalt
    Diese Produkte werden in einer breiten Palette von Lebensmitteln als Zutaten eingesetzt, wie etwa in Kindernährmitteln, Fleisch- und Wurstwaren, Bäckereiprodukten, Milchprodukten, Fruchtzubereitungen, Aromen, Sportnahrung, pharmazeutischen Produkten, Süßwaren, Getränken, Würzmitteln, aber auch in Spezialprodukten wie Sonden-Nahrung oder geriatrischer Nahrung. Insbesondere Maltodextrin ist ein beliebter Träger für viele Erzeugnisse.
  • Bio-Süßmolkenpulver, 90 Prozent teilentmineralisiert
    Bei der Molke wird der Ionentauscher benötigt, um einen Demineralisierungsgrad oberhalb von 70 Prozent zu erreichen. Der entsprechende Rohstoff heißt DEMIN 90 (also zu 90 Prozent demineralisiert). DEMIN 90 wird vor allem in Anfangsnahrungsrezepturen verwendet, kann aber auch in einzelnen Folgenahrungsrezepturen notwendig sein.
  • Konzentrate aus Traube (Rektifiziertes Traubenmostkonzentrat - RTK), Apfel und Birne
    In der Fruchtbearbeitung werden diese Konzentrate mit Ionentauschern und Adsorberharzen bearbeitet, um aus den Säften möglichst reine Süßen zu erzeugen. Das RTK aus Trauben wird bei Säften (Mischsäfte, Trunke…) oder Marmeladen und Fruchtzubereitung sehr häufig verwendet. Dasselbe trifft auf vergleichbare Erzeugnisse auf der Basis von Apfelsaft oder Birnensaft zu. RTK wird zudem auch in der Bio-Kellerwirtschaft eingesetzt. Die Zulassung dort wird gesondert geregelt.

Was bedeutet das konkret für Lebensmittelhersteller?

Unternehmen, die bisher Ionentauscher oder Adsorberharze zur Verarbeitung ihrer Produkte eingesetzt haben, dürfen dies ab 1. Januar 2021 nicht mehr tun. Hier benötigt es nun im Rahmen der Produktentwicklung ein zügiges Handeln, falls sie diese Produkte weiterhin als Bio vermarkten wollen. Ausnahmen stellen lediglich Zutaten für die Nahrung von Säuglingen und Kleinkindern dar.

Unternehmen, die Zutaten in ihren verarbeiteten Produkten einsetzen, welche mit Ionentauschern oder Adsorberharzen hergestellt wurden, sollten sich mit ihren Lieferantinnen und Lieferanten in Verbindung setzen, um sicherzustellen, ob sie diese Zutaten ab 2021 weiterhin in Bio-Qualität beziehen können. Zudem gilt zu klären, ob die dann neu entwickelten Zutaten gegebenenfalls ein anderes technologisches Verhalten im Produkt zeigen, die Anpassungen in den Rezepturen erfordern. Dies kann zur Folge haben, dass Produkte neu entwickelt werden müssen.

Was gibt es für Alternativen?

Es gibt bereits einige Verarbeitungshilfsstoffe mit ähnlicher technologischer Wirkung, die für den Einsatz bei Bio-Produkten zugelassen sind. Dies sind zum Beispiel Aktivkohle, Bentonit, Cellulose oder Kieselgur. Diese greifen nicht so tief in das Lebensmittel ein, sodass nicht derselbe Reinheitsgrad beziehungsweise dieselbe Selektivität erreicht werden kann, wie mit Ionentauschern oder Adsorberharzen. Zudem sind sie nicht für jedes Produkt geeignet. Ihr Einsatz sollte also immer produktindividuell bewertet werden. Sie können jedoch eine Alternative darstellen, um weiterhin ein Bio-Produkt verarbeiten und anbieten zu können.


Letzte Aktualisierung 07.07.2020

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