Wein

Herstellung von Bio-Wein: Was ist anders?

Egal ob für Rosé, Eis-, Rot- oder Weißwein – Die Verarbeitung der Trauben zum Bio-Wein ist aufwendig. Was während der Herstellung der ökologischen Tropfen zu beachten ist, erfahren Sie im folgenden Artikel.

In Deutschland nimmt der biologische Anbau von Trauben zur Weinherstellung immer mehr zu. Nach Angaben von Statista gab es 2019 deutschlandweit 9.600 Hektar bestockter Rebfläche. Dazu kommen Flächen, die zwar bio-zertifiziert sind, deren Produktion aber nicht als Bio-Wein vermarktet werden. So ergibt die AMI-Strukturdatenerhebung bei den Öko-Kontrollstellen eine Fläche von 10.600 Hektar. Das entspricht einem Bio-Anteil von fast 10,3 Prozent der gesamten bestockten Rebfläche in Deutschland. Parallel zur Rebfläche nimmt auch die Weinbereitung zu. Worauf ist bei der Verarbeitung der Bio-Trauben zu Wein und Most zu achten?

Einsatz von Behandlungsstoffen bei Bio-Wein

Bereits im Altertum waren viele der heute noch gängigen Methoden des Weinausbaus bekannt. Um den Wein zu stabilisieren, zu schönen und zu klären, benutzten schon die Römer nachweislich Eiweiß, wahrscheinlich auch Schwefel. Im Laufe der Zeit ist der Katalog der Weinbehandlungsstoffe immer dicker geworden. Heute sind sämtliche Behandlungsmöglichkeiten im "Internationalen önologischen Kodex" zu finden. Hier werden die wichtigsten chemischen, organischen und gasförmigen Mittel aufgeführt, die für den Ausbau und die Aufbewahrung von Wein verwendet werden dürfen.

Für biologisch erzeugte Weine gab es lange keine gesonderten Regelungen hinsichtlich önologischer Verfahren und des Einsatzes von Behandlungsstoffen. Bei der Etikettierung durften die Weine nur als "Wein aus Trauben aus biologischem Anbau" ausgelobt werden. Erst mit Beginn des Weinjahres 2012 traten auf EU-Ebene mit der Durchführungsverordnung (EU) 203/2012 verbindliche Regelungen in Kraft, in denen der kellertechnische Ausbau von Bio-Weinen geregelt ist. So sind bei der Produktion von Bio-Wein einige der im önologischen Kodex verankerten Mittel verboten, bei anderen gibt es Höchstmengenbegrenzungen. Grundsätzlich sind alle für die Verarbeitung von Bio-Trauben geltenden gesetzlichen Bestimmungen in der EU-Verordnungen Nr. 606/2009 und 607/2009 aufgeführt. Hier findet sich eine umfassende Übersicht zum önologischen Verfahren und die für die Bio-Verarbeitung geltenden Einschränkungen.

Anbauverbände wie Bioland, Naturland, Demeter, GÄA oder Ecovin haben bereits vor 2012 eigene Richtlinien für die Weinbereitung aufgestellt. Diese unterscheiden sich von der EU-Verordnung durch in Teilen höhere Auflagen beziehungsweisestriktere Verbote bei der Verwendung von Hilfsstoffe und Verfahren. Darüber hinaus haben Vereinigungen wie Biodyvin ebenfalls eigene Vorgaben.

Ein Überblick über die relevanten Unterschiede zwischen der biologischen und konventionellen Weinherstellung ist in der folgenden Tabelle zu finden. Grundsätzliche Devise bei der Verarbeitung von Bio-Trauben ist es, den Mittelaufwand möglichst gering zu halten. Dafür ist ein begrenzter Einsatz von Weinbehandlungsstoffen sowie die Wahl der Verfahrenstechnik wichtig. So ist die teilweise Konzentration durch Kälte, die Teilentalkoholisierung, die Behandlung durch Elektrolyse oder mit Kationenaustauschern zur Stabilisierung des Weins sowie die Entschwefelung durch physikalische Verfahren verboten. Andere Behandlungen wie das Erhitzen der Maische sind eingeschränkt erlaubt. Gentechnische Verfahren sind uneingeschränkt untersagt.

Most und Weinbehandlungsmittel - Gegenüberstellung biologischer und konventioneller Weinbau - Auszug

Kellerwirtschaftliche MaßnahmeBiologischer WeinbauKonventioneller Weinbau
Das nationale Weingesetz ist einzuhaltenDas nationale Weingesetz wird durch zusätzliche Auflagen eingeschränktDas nationale Weingesetz ist einzuhalten
Hefezusatznur Bio-Reinzuchthefezugabenatürliche Hefen und/oder Zugabe von Reinzuchthefezugabe
Alkoholerhöhungnur mit Bio-Rübenzucker oder Bio-Retifiziertes TraubenmostkonzentratRübenzucker oder Retifiziertes Traubenmostkonzentrat
Fraktionierungerlaubterlaubt
Konzentrationstechnikeneingeschränkt erlaubt, keine Kryoextraktionerlaubt
teilweise Entalkoholisierungverbotenerlaubt
Maximaler Schwefelgehalt/Ausnahmesiehe zweite Tabellesiehe zweite Tabelle
Kaliumsorbat, Lysozym, PVPPverbotenerlaubt
zur Säuerung L(+)-Weinsäure und Milchsäureerlaubterlaubt
zur Entsäuerung Calciumcarbonat,Doppelsalzfällung mit  Zusatz von L(+)-Weinsäure (Malitexverfahren), [48] Kalium- bicarbonat (Kalinat)  L(+)-Weinsäure (E334),[49] neutrales  Kaliumtartraterlaubterlaubt
Milchsäurebakterien, Hefenährsalze (Diammoniumhydro- genphosphat und Thiaminium-Dichlorhydrat), Zitronensäure  zur Stabilisierung des Weines, Kupfersulfat (nur bis 2015),  Kupferzitrat, L-Ascorbinsäure, Tannine, Kaliumalginat, Metaweinsäure (E 353)erlaubterlaubt
Eichenholzstücke, Gummi arabicum, Hausenblase, Kaseinverboten (Bio Austria), erlaubt (ECOVIN)erlaubt
Betoniterlaubterlaubt
Hühnereiweißerlaubterlaubt
Umkehrosmoseverbotenerlaubt
Maischeerhitzung auf > 40°Celsiusverbotenerlaubt
Quelle: Durchführungsverordnung EU 203/2012

Schonendes Pressen mindert die Freisetzung von Bitterstoffen

Beim Anbau von Trauben für die Herstellung von Bio-Wein werden natürliche Prozesse genutzt, um Schädlinge, Krankheiten oder Unkraut zu unterdrücken. Auch bei der Weiterverarbeitung der Trauben wird auf natürliche Abläufe und wenig Stress für die Trauben Wert gelegt. "Kennzeichnend für die Produktion von Bio-Wein ist die schonende Verarbeitung", sagt Stefan Abel, Weinscout aus Hamburg. Um die Trauben zu schonen, verläuft die Produktionsstraße auf vielen Betrieben abfallend. Das bedeutet, die Abladestelle befindet sich am höchsten Punkt des Weingutes, alle folgenden Verarbeitungsschritte unterhalb davon. So muss nicht gepumpt werden. Das Material wird allein durch Falldruck transportiert. Auf diese Weise werden möglichst wenig Gerb- und Bitterstoffe extrahiert, die sonst durch das Zerquetschen der Kerne freigesetzt werden. Das spielt insbesondere bei der Weißweinherstellung eine große Rolle, da auf diese Weise später keine oder wenig Behandlung zur Entfernung der Bitterstoffe notwendig wird. Bei der Rotweinherstellung gehören die Gerbstoffe, auch Tannine genannt, aus den Traubenstielen, der Schale und den Kernen dagegen zum Geschmacksbild.

Zur Entfernung unerwünschter Bitterstoffe und anderer phenolischer Substanzen und deren Oxidationsprodukte gibt es für den Bio-Bereich strikte Vorgaben. Der Einsatz des in der konventionellen Weinherstellung gebräuchlichen Wirkstoffs Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP) ist verboten. Eine biologische Möglichkeit, die adstringierende Wirkung der Gerbstoffe zu mindern, bietet Gummi arabicum. Dieses Gummi wird gewonnen aus dem Exsudat verschiedener afrikanischer Akazienarten. Im Bio-Bereich ist es gemäß der EU-Öko-Verordnung verwendbar.

Einsatz von Reinzuchthefe: ja oder nein?

Bis vor fünfzig Jahren wurden Weinmoste in ganz Europa spontan vergoren. Dann hielten Reinzuchthefen Einzug und der Gärungsprozess wurde zuverlässiger, steuerbarer und schneller. Reinzuchthefe ist eine synthetisch produzierte Gärhilfe. Je nach Weinkategorie – Weiß-, Rot- oder Roséwein – kann aus einer Vielzahl von Hefestämmen ausgewählt werden, darunter auch viele Bio-zertifizierte Stämme. Der Einsatz von Bio-Reinzuchthefe ist im biologischen Weinbau laut EU-Öko-Verordnung erlaubt. Über die Verwendung, egal ob ökologisch oder konventionell, scheiden sich die Geister. "Spontangärung empfiehlt sich vor allem bei Premiumweinen, um dem Wein die charakteristische Note zu erhalten", sagt Martin Schmidt, Winzer und Inhaber vom Weingut Kiefer am Kaiserstuhl. Dafür setzt Martin Schmidt teils auch eigene Hefemischungen an. Die Verwendung von Reinzuchthefe dagegen sorgt für eine größere Konformität. Im biologisch-dynamischen Weinbau wie bei Demeter ist die Zugabe von Reinzuchthefe dagegen untersagt. Hier erfolgt die Gärung mit Ausnahme der Herstellung von Schaumweinen ausschließlich mit natürlichen Hefen.

Weinschönung mit natürlichen Mitteln

Damit der Wein eine reintönige Farbe bekommt, werden beim Ausbau Trubstoffe ausgefiltert. Dafür werden unterschiedliche Klär- und Fällmittel verwendet. Das Sortiment reicht von festen Mineralstoffen wie Aktivkohle, Bentonit oder Kupferverbindungen bis zu organischen Schönungsmitteln aus Eiklar, Fischblasen, Milchpräperaten wie Kasein oder Gelatine. In der EU müssen die zugelassenen Schönungsmittel die festgelegten Reinheitsanforderungen erfüllen. In der ökologischen Weinbereitung wird der Wein mit natürlichen Mitteln meist tierischen Ursprungs geklärt, wie zum Beispiel Eiklar. Da die Nutzung von Eiweiß aufgrund allergener Inhalte extra zu kennzeichnen ist, ist der Gebrauch allerdings stark rückläufig. Alternativ wird aus Frischmilch gewonnenes Kasein, Gelatine oder Hausenblasen (Blase der Hausen, einer Störart) eingesetzt.

Aufgrund der guten Bindeeigenschaften wird immer häufiger Aktivkohle hinzugegeben. Nach wenigen Tagen werden die Mittel durch Abstrich oder Filtration entfernt. In dem fertigen Wein ist davon nichts mehr zu finden.

Wenn bei der Erzeugung und der Weinschönung auf Hilfsmittel tierischen Ursprunge verzichtet wird, kann der Wein als "vegan" ausgelobt werden. Zur Weinschönung wird stattdessen zu pflanzlichen Proteinen vorzugsweise von Bohnen oder Weizen gegriffen. Auch Kartoffelstärke oder Mineralerde wie Bentonit oder Aktivkohle werden zum Filtern eingesetzt. Bei der natürlichen Sedimentation wird ganz auf Hilfsmittel verzichtet. Das erfordert neben einem gesunden Lesegut viel Zeit, bis sich die Trubstoffe nach unten abgesetzt haben und der vorgeklärte Most abgezogen werden kann.

Auch Bio-Wein enthält meist Schwefel

Ein sensibles Thema in der Bio-Weinherstellung ist der Einsatz von Schwefel als Konservierungsmittel. Der Aufbau eines Weines ohne die Verwendung von Schwefel ist sehr aufwendig. Primär als Konservierungsmittel eingesetzt, verhindert der Wirkstoff die Oxidation des Weins. Dazu wirkt er wie ein leichtes Antibiotikum und schützt vor Bakterien. In der Folge ist der Wein besser lagerfähig und verliert nach dem Öffnen weniger schnell sein Bouquet. Besonders in Mitteleuropa ist die Biowein-Produktion ohne Schwefel schwierig. Anders ist es in den mediterranen Ländern, die aufgrund der höheren Temperaturen und der geringeren Niederschläge einen deutlich geringeren Schädlingsbefall und damit weniger Probleme mit Traubenfäulnis haben. Dadurch kann die Schwefelzugabe reduziert werden.

Entsprechend gab es in der Europäischen Union lange Diskussionen über die Schwefelung von Bio-Wein. Die Mittelmeerländer sprachen sich für eine Nullgrenze aus, nördlicher gelegene Anbauregionen votierten dagegen. Die Höchstwerte sind in der Verarbeitungs- und Kellerrichtlinie für die Bio-Weinerzeugung von 2012 festgeschrieben (siehe folgende Tabelle).

Aber es gibt auch Winzerinnen und Winzer, die einen anderen Weg einschlagen und ohne den Einsatz von Schwefel arbeiten. Diese Weine werden als Amphorenwein, Naturwein oder Oranger Wein bezeichnet und besetzen am Weinmarkt eine kleine Nische. Vor allem biologisch-dynamische Betriebe entscheiden sich für diese Herstellungsart.

Zulässige Höchstgehalte an Schwefeldioxid (SO2)

WeinkategorieSO2-Grenzwert in mg/l
Rotwein < 2 g/l Restzucker*100
Rotwein > 2-5 g/l Restzucker120
Rotwein ≥ 5 g/l Restzucker170
Weiß-/Roséwein < 2 g/l Restzucker150
Weiß-/Roséwein > 2-5 g/l Restzucker170
Weiß-/Roséwein ≥ 5 g/l Restzucker220
Spätlese ≥ 5 g/l Restzucker270
Auslese ≥ 5 g/l Restzucker320
Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein ≥ 5 g/l Restzucker370
Qualitätsschaumwein155
übrige Schaumweine205
Likörwein < 5 g/l120
Likörwein  ≥ 5 g/l170
*Restzucker = Fructose + Glucose

Rotwein aus Maischegärung

Die Maischegärung ist die älteste und weitverbreitetste Methode bei der Herstellung von Rotwein. Die Beeren werden angequetscht, damit der Saft austritt. Den Mix von Saft und Fruchtstücken nennt man Maische. Diese Maische wird anschließend mit Hilfe von Hefen vergoren. Um den Gärprozess zu beschleunigen wird die Maische bei der konventionellen Kelterung stark erhitzt. Das ist bei der Bio-Produktion untersagt. Meist liegt die Gärtemperatur bei 25-35 Grad Celsius.

Von dem Weinfass in die Flasche

Wein aus Bio-Trauben kann bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben als Bio-Wein deklariert werden. In diesem Fall muss neben den üblichen Pflichtangaben die staatliche Kontrollnummer der Zertifizierungsstelle sowie das EU-Bio-Label auf dem Etikett angegeben werden. Werden die Auflagen nicht eingehalten, kann der Wein nur konventionell ohne jeglichen Bio-Hinweis vermarktet werden.


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Letzte Aktualisierung 24.09.2020

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