Die neue Bio-Verordnung: Änderungen für verarbeitende Unternehmen

Die neue EU-Öko-Verordnung: Änderungen für verarbeitende Unternehmen

Seit dem 01.01.2022 sind die neuen EU-Rechtsvorschriften für die ökologische Produktion in Kraft. Für Unternehmen, die ökologische Produkte verarbeiten bleibt zwar vieles wie bisher. Dennoch gibt es einige Änderungen, die zu berücksichtigen sind.

Erweiterung des ökologischen Sortiments (Artikel 2)

Der Geltungsbereich der EU-Öko-Verordnung wurde durch die neue Verordnung um landwirtschaftsnahe Produkte erweitert. Zusätzlich zu den bisher bekannten Kategorien (lebende oder unverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Saatgut und anderes Pflanzenvermehrungsmaterial, verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind und Futtermittel), finden sich im Anhang I der neuen Verordnung nun weitere Produkte, die der Landwirtschaft nahestehen. Für diese Erzeugnisse gilt nun der rechtliche Schutz der Begriffe Bio oder Öko und sie dürfen mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichnet werden.

Beispiele hierfür sind Mate, Salz und Bienenwachs. Auch unverarbeitete pflanzliche und tierische Fasern, ätherische Öle, Rohfelle und Korkstopfen sind nun zertifizierbar.

Reinigungs- und Desinfektionsmittel (Artikel 24)

Während landwirtschaftliche Betriebe bereits seit Jahren Vorgaben für die Reinigung und Desin-fektion kennen, war für den Verarbeitungsbereich hier bisher nichts geregelt. Dies hat sich mit der neuen EU-Öko-Verordnung geändert. Künftig werden auch für verarbeitende Unternehmen Erzeugnisse und Stoffe als Mittel zur Reinigung und Desinfektion in Verarbeitungs- und Lager-stätten zulassen. Die Listen der zugelassenen Mittel werden derzeit noch erarbeitet.

Verbot von technisch hergestelltem Nanomaterial (Artikel 7)

Eine neue Einschränkung gilt für Erzeugnisse, die technisch hergestellte Nanomaterialien enthal-ten, oder daraus bestehen. Die Definition dafür findet sich in der Verordnung (EU) 2015/2283 über neuartige Lebensmittel. Nanomaterial, das absichtlich als solches hergestellt wurde, ist in der Regel deklarationspflichtig und darf keine Verwendung in Öko-Erzeugnissen finden. Natür-liches oder zufällig entstehendes Nanomaterial fällt nicht unter diese Beschränkung.

Einsatz von Aromen (Anhang II, Teil IV, 2.2.2. b) und Artikel 30, (5) a) iii))

Laut der neuen EU-Öko-Verordnung dürfen auch weiterhin konventionelle Aromen in Bio-Produkten zum Einsatz kommen. Allerdings wurde der Einsatzbereich beschränkt auf Aromen, die den Definitionen des Artikel 16 Absätze 2, 3 und 4 der Verordnung (EG) Nummer 1334/2008 (Aromenverordnung) entsprechen. Dies sind natürliche Aromen oder natürliche Aromaextrakte, deren Aromabestandteil ausschließlich oder zu mindestens 95 Prozent aus dem namensgebenden pflanzlichen oder tierischen Produkt stammt (sogenannte FTNF/S-Aromen). Zudem dürfen Aromaextrakte nur noch aus Lebensmitteln gewonnen werden.

Des Weiteren wurde eine Definition für Bio-Aromen eingeführt. Diese dürfen gemäß Artikel 30, (5) a) iii) zukünftig als Bio gekennzeichnet werden, wenn sie natürliche Aromastoffe oder Aromaextrakte (wie oben beschrieben) sind und alle ihre aromatisierenden Bestandteile und Aromaträgerbestandteile aus ökologischer Produktion stammen.

Aromen werden bei der Berechnung der Anteile der Zutaten jetzt den Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs zugerechnet. Nicht-Bio-Aromen dürfen somit zusammen mit allen anderen zulässigen konventionellen Zutaten zu maximal fünf Prozent im Öko-Erzeugnis enthalten sein.

Herstellung von Babynahrung (Anhang II, Teil IV, 2.2.2. f)

Aufgrund der bisher bestehenden Unsicherheiten im Rechtsstatus von Bio-Babynahrung wurde eine neue Formulierung für die Supplementierung von ökologischen Produkten aufgenommen. Diese stellt einen eindeutigen Bezug zu den einschlägigen Vorschriften im Bereich Anfangs- und Folgenahrung, sowie Beikost her. Zukünftig darf Babynahrung daher weiter als biologisch ver-kauft werden, auch wenn sie gemäß den rechtlichen Vorgaben mit Mineralstoffen (einschließlich Spurenelementen), Vitaminen, Aminosäuren und Mikronährstoffen angereichert ist.

Änderungen in der Kennzeichnung (Artikel 30 - 33)

Die Vorgaben zur Kennzeichnung mit Bio bleiben auch mit der neuen EU-Öko-Verordnung weitgehend unverändert. Etwas großzügiger ist die Herkunftskennzeichnung in Verbindung mit dem EU-Bio-Logo geregelt: Es dürfen nun bis zu fünf Prozent der Zutaten aus anderen als den angegebenen geographischen Herkünften stammen. Neu ist die Möglichkeit einer zusätzlichen regionalen Herkunftsangabe. So kann zukünftig ein Produkt zum Beispiel mit "Deutsche Landwirtschaft - Baden" gekennzeichnet werden, wenn mindestens 95 Prozent aller Zutaten aus landwirtschaftlicher Erzeugung aus Baden stammen.

Einbindung von Subunternehmen (Artikel 34, (3))

Es können weiterhin Tätigkeiten an Dritte vergeben werden. Der Subunternehmer kann dabei entweder eigenständig biozertifiziert sein oder er ist ein konventionelles Unternehmen und wird in die Kontrolle des Verarbeiters miteinbezogen. Diese Umsetzung ist in Deutschland bereits seit längerem gelebte Praxis, ist nun aber noch einmal klarer im europäischen Rechtstext geregelt.

Ausnahme für konventionelle landwirtschaftliche Zutaten (Artikel 25)

Die Liste der zugelassenen konventionellen landwirtschaftlichen Zutaten (bisheriger Anhang IX der Verordnung (EG) 889/2008) soll laut der neuen Verordnung jährlich überprüft werden.

Die Möglichkeit der nationalen Ausnahmegenehmigung für den Einsatz von nichtökologischen landwirtschaftlichen Zutaten bis zu maximal fünf Prozent bleibt bestehen. Allerdings wird der Genehmigungszeitraum auf 6 Monate beschränkt und kann höchstens zweimal verlängert werden. Wurde eine solche nationale Genehmigung erteilt, gilt sie nun für alle Unternehmen in Deutschland und muss nicht mehr von jedem Unternehmen einzeln beantragt werden.

Vorsorgemaßnahmen

Bereits nach der 2018 in Kraft getretenen EU- Öko-Verordnung waren die Unternehmen zur Ermittlung von Risiken und zur Vermeidung von Kontaminationen und Vermischung mit kon-ventionellen Erzeugnissen verpflichtet. Mit der neuen Verordnung wird darüber hinaus klarge-stellt, dass alleine die Nichteinhaltung von Vorsorgemaßnahmen dazu führen kann, dass ein Erzeugnis nicht als Öko-Erzeugnis vermarktet werden kann. Eine sorgfältige Risiko-Analyse und die daraus abgeleiteten Vorsorgemaßnahmen sind also im elementaren Interesse für das Unter-nehmen.

Import von Drittlandsware (Artikel 44-48)

Mit der neuen EU-Öko-Verordnung wird der Import von Öko-Erzeugnissen aus Drittländern neu geordnet. Die bisherige, gleichwertige Anerkennung läuft mit Übergangsfristen aus. Sie wird durch Verfahren ersetzt, mit denen die exakte Übereinstimmung der Erzeugungsweise bestätigt wird.
Einschließlich der Übergangsregeln gibt es aktuell drei mögliche Verfahren für den Import von Öko-Erzeugnissen:

  • Das Produkt stammt aus einem Drittland, welches mit der EU in einem Handelsabkommen die gegenseitige Anerkennung von Regeln für die ökologische Landwirtschaft vereinbart hat.
  • Das Produkt stammt aus einem Drittland, dessen Regeln für die Öko-Landwirtschaft von der EU einseitig als gleichwertig anerkannt wurden (bisheriger Anhang III der Verordnung (EG) 1235/2008). Für dieses Verfahren gibt es eine Übergangsregelung bis 2026.
  • Das Produkt stammt aus einem Drittland und wurde von einer Kontrollstelle zertifiziert, deren Standard die EU als gleichwertig anerkannt hat (bisheriger Anhang III der Verordnung (EG) 1235/2008).  Dieses Verfahren läuft 2024 aus.

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Letzte Aktualisierung 30.05.2021

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