Speisemohn

Speisemohn: Eine vielversprechende Kultur für den Öko-Landbau

Viele Jahre lang wurde Mohn in Deutschland kaum mehr angebaut. Dank morphinarmer Sorten ist das heute anders. Mohn bringt gute Voraussetzungen für den ökologischen Anbau mit. Die Kultur ist außerdem eine echte Bereicherung für die Biodiversität und verschönert mit seinem Blütenmeer das Bild heutiger Agrarlandschaften. Wer in den Anbau einsteigen möchte, sollte aber etwas Risikobereitschaft mitbringen.

In Deutschland werden jährlich etwa 10.000 Tonnen Mohn zu Back- und Speisezwecken verarbeitet. Angebaut wird dieser Mohn aber überwiegend im Ausland – vor allem in den Ländern Türkei, Tschechien, Ungarn und Australien. Dabei hat diese uralte Kulturpflanze hierzulande eine lange Anbautradition.

Viele Jahrzehnte lang wurde Mohn in Deutschland jedoch kaum mehr angebaut: Der Grund: Die ursprüngliche Schlafmohnpflanze enthält in seinen milchsaftführenden Pflanzenteilen Stoffe, aus denen Opium gewonnen werden kann. Opium ist ein morphinhaltiges Schmerzmittel, das auch als Rauschmittel Verwendung findet. Deswegen fällt Schlafmohn in Deutschland seit 1930 unter das Betäubungsmittelgesetz und darf nur mit Genehmigung angebaut werden. Dies brachte den Anbau von Mohn zu Erwerbszwecken in der Bundesrepublik Deutschland nahezu zum Erliegen. In der ehemaligen DDR wurde Mohn noch bis zur Wiedervereinigung angebaut, ist seitdem aber auch genehmigungspflichtig.

Comeback dank morphinarmer Sorten

Heute gibt es morphinarme Sorten, die den erwerbsmäßigen Anbau ermöglichen. Allerdings muss auch für deren Anbau eine Erlaubnis eingeholt werden. Zuständig dafür ist die Bundesopiumstelle. Aktuell gibt es drei in Deutschland zugelassene Mohnsorten. Alle drei Sorten sind Blaumohne. Weiß- oder grausamige Sorten sind derzeit in Deutschland nicht zugelassen.

2022 wurden in Deutschland auf 788 Hektar Mohn angebaut – weniger als in den Rekordjahren 2020 und 2021 mit jeweils über 1.000 Hektar. Rund 30 Prozent des Mohnanbaus in Deutschland finden in ökologischem Anbau statt. Ein Wert, der sich im Vergleich zu anderen Kulturen sehen lassen kann: Bei Weizen zum Beispiel liegt der Öko-Anteil bei nur zwei Prozent.

Dass das Comeback des Mohns hierzulande so erfolgreich verläuft, ist auch den Akteurinnen und Akteuren von "REGIO-Mohn" zu verdanken. In diesem Projekt hat die Universität Bonn zwischen 2019 und 2021 neue Konzepte für die Optimierung des Anbaus und regionale Absatzstrukturen entwickelt.

Auch wenn der botanische Name „Schlafmohn“ (Papaver somniferum) auf die medizinische Nutzung der Pflanze hinweist. In Deutschland wird Mohn ausschließlich als Speisemohn kultiviert. Verwendet werden dabei die etwa 1,5 Millimeter kleinen Samen, die aus den Kapseln der Pflanze gewonnen werden.

Die leicht nussig-süßlich schmeckenden Samen des Mohns sind reich an Kalzium und Vitaminen – allen voran Vitamin B und E – und werden vor allem für Backwaren und Süßspeisen verwendet. Als ganze Samen sind sie meist auf Mohnbrötchen zu finden. In gemahlener Form bieten sie zudem eine schmackhafte Füllung für allerlei Kuchenspezialitäten. Wegen ihres hohen Ölgehalts von 40 bis 45 Prozent können die Samen aber auch zu einem aromatischen Speiseöl kaltgepresst werden. Das Öl setzt sich hauptsächlich aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren (vor allem Linolsäure) zusammen und ist damit besonders wertvoll für eine ausgewogene Ernährung.

Mehr Infos zu Mohn als Lebensmittel: Speisemohn: Ein hochwertiges Lebensmittel (PDF)

Gut geeignet für den Bio-Anbau

Mohn ist eine Kultur, die sich aus mehreren Gründen gut für den ökologischen Anbau eignet: Die Pflanze wird in Mitteleuropa schon seit vielen Jahrhunderten als Kulturpflanze angebaut und ist damit an die heimischen Klimabedingungen ideal angepasst. Für die Fruchtfolge ist Mohn eine perfekte Erweiterung, weil sie einer Pflanzenfamilie angehört, die im hiesigen Ackerbau sonst nicht vorkommt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Ackerkulturen, gedeiht Speisemohn auch auf Grenzstandorten und hat wegen seiner kräftigen Pfahlwurzel einen günstigen Effekt auf die Bodenstruktur. Auch in puncto Pflanzenkrankheiten und Schädlingen bringt Mohn optimale Voraussetzungen für den Bio-Anbau mit: Denn bislang sind in dieser Hinsicht nur sehr wenig Probleme bekannt.

Nachfrage nach regionalem Mohn ist groß

Der Anbau von Mohn bietet Potenzial für Öko-Landwirtinnen und -landwirte, die neue Wege gehen möchten. Je nach Angebot auf dem Weltmarkt ist der Preis für Mohn allerdings starken Schwankungen unterworfen. 2020 lag der Preis für Ware aus ökologischem Anbau zwischen 4,50 und 5,50 Euro pro Kilogramm. Die Erträge liegen zwischen 0,6 und 1,5 Tonnen pro Hektar.

"Mit einer regionalen Direktvermarktung können teilweise deutlich höhere Preise erzielt werden", weiß Hanna Blum, Ingenieurin der Universität Bonn und Projektleiterin von Regio-Mohn. Laut Blum suchen viele Bäckereien und Mühlen gezielt nach regional erzeugtem Mohn. "Mit gutem Grund", so die Wissenschaftlerin, "denn dieser sei aromatischer und geschmackvoll als importierte Ware. Mohn, der importiert oder lange eingelagert wird, würde schnell ranzig und bitter, erklärt Blum. Außerdem enthielten viele der importierten Mohnsorten noch Morphine und müssten daher erst einer spezielle Bedampfung unterzogen werden. Das schade nicht nur dem Geschmack, auch das nussige Aroma ginge dabei verloren. Bei dem hier angebauten Mohn sei das anders, so Blum. Da dieser besonders morphinarm ist, könne er direkt verarbeitet werden, was dem Geschmack und Aroma zugute komme.

Etwas Risikobereitschaft ist gefragt

Wer Mohn anbauen will, solle jedoch etwas Risikobereitschaft mitbringen, empfiehlt Blum. Denn Mohn sei eine sehr sensible Pflanze und die Erträge könnten von Jahr zu Jahr stark schwanken. Das liege daran, dass Mohn sehr stark auf ertragswirksame Faktoren wie Stickstoff-Verfügbarkeit, Niederschlagsmenge oder Unkrautdruck reagiert. In dem dreijährigen Forschungsprojekt REGIO-Mohn wurde daher untersucht, wie man den Anbau von Mohn unter ökologischen Bedingungen optimieren und die Erträge stabilisieren kann. Die inzwischen vorliegenden Anbauempfehlungen des Projekts finden Sie auch hier bei oekolandbau.de unter:

Anbau von ökologischem Speisemohn

Absatz frühzeitig sichern

Vor dem Einstieg in die Nischenkultur Mohn sollte man sich unbedingt über die Absatzmöglichkeiten in der Region kundig machen. Unterstützung dabei bietet ebenfalls das Projekt Regio-Mohn. Es bringt Anbauerinnen und Anbauer in Kontakt mit lokalen Betrieben, die den Mohn weiterverarbeiten. Außerdem vermittelt das Projekt Betriebe Beziehungsweise Bio-Höfe, die spezielle Reinigungstechnik haben und Chargen zusammenfassen können. Denn "die Schwierigkeit ist meistens die Reinheit der Saat", so Blum, "das bekommt nicht jeder hin".

Eine Bereicherung für die Biodiversität und das Landschaftsbild

Es gibt noch andere Gründe, warum es sich lohnt, Mohn anzubauen. Einer davon ist sein enormer Beitrag zur Biodiversität. Auch diese Erkenntnis stammt aus dem Projekt RegioMohn. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten über drei Jahre, welche Wirkung Mohn auf die heimische Insektenfauna hat. Das Fazit: Mohnblüten enthalten nicht nur viel, sondern auch besonders stickstoffreichen Blütenpollen und sind damit äußerst attraktiv für blütenbesuchende Insekten wie Bienen, Hummeln oder Schwebfliegen. Überdies bietet Mohn – insbesondere Sommermohn mit seiner Blüte von Ende Juni bis Mitte Juli – Pollen in Zeiten, in denen sonst nur wenig blüht.

Mehr Infos: Speisemohn und Biodiversität in der Landwirtschaft (PDF)

Zudem können Landwirtinnen und Landwirte mit blühenden "Mohn-Landschaften" aber auch dazu beitragen, das von uns Menschen beeinflusste Land(wirt)schaftsbild ästhetisch wieder aufzuwerten.

Projekt REGIO-Mohn

Mehr Informationen zu den Ergebnissen des Projekts REGIO-Mohn finden sie auf der Projekt-Webseite von Ökoplant e. V.

Ansprechpartnerinnen:  Hanna Blum (hblum@uni-bonn.de) und Katharina Luhmer (kluhmer@uni-bonn.de)


Letzte Aktualisierung 12.07.2023

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