Bodenbakterien: Helfer im Pflanzenbau

Bodenbakterien als nützliche Helfer im Pflanzenbau

Nicht nur das Wasser- und Nährstoffangebot sind wichtig für das Pflanzenwachstum, sondern auch die Zahl und Zusammensetzung der Bakterien im Boden. Denn Studien zeigen, dass Bakterien die Versorgung mit Nährstoffen und Wasser verbessern können und sogar bei der Abwehr von Schaderregern eine wichtige Rolle spielen. Eine gezielte Beeinflussung der Bodenbakterien könnte deshalb gerade im Öko-Landbau hilfreich sein. Allerdings steht die Forschung zum komplexen Zusammenspiel der Bodenbakterien noch am Anfang.

Der Boden ist eines der am dichtesten besiedelten und artenreichsten Biotope überhaupt. Allein in einem Gramm trockenen Boden leben nach Schätzungen von Fachleuten etwa zehn Milliarden Bakterien von über 1.000 verschiedenen Arten. Noch belebter ist der Bereich wenige Millimeter um Pflanzenwurzeln herum. In dieser sogenannten Rhizosphäre sind etwa fünf- bis zehnmal mehr Bakterien und andere Mikroorganismen zu finden als in anderen Bodenbereichen. Allein diese Zahl macht deutlich, dass die im Boden lebenden Bakterien eine besondere Bedeutung für Pflanzen haben.

Eine der bekanntesten Interaktionen zwischen Bakterien und Pflanzen ist die Stickstoffbindung mithilfe von Rhizobien, die sich in den Wurzeln von Leguminosen wie Erbse oder Sojabohne einnisten. Doch diese Symbiose ist nur ein winziger Ausschnitt aus dem komplizierten Wechselspiel zwischen Bodenbakterien und Pflanze. Für die Forschung besteht die große Herausforderung darin, die hemmende und fördernde Wirkung der vielen verschiedenen Arten untereinander zu verstehen und einen konkreten Einfluss der Bakterienaktivität auf die jeweilige Kulturpflanze abzuleiten.

Bakterien bilden pflanzliche Wachstumshormone

Bekannt sind bereits Bakterienarten, die Phosphat oder Eisen aus dem Boden lösen und den Pflanzen zur Verfügung stellen. Andere Bakterien geben hemmende Stoffe wie Cellulasen ab, mit denen pflanzenpathogene Pilze unterdrückt werden. Einige Bakterien produzieren sogar Indol-3-Essigsäure, ein pflanzliches Hormon, das für besseres Wachstum der Pflanze sorgt. Umgekehrt scheinen die Pflanzen in der Lage zu sein, für sie vorteilhafte Bakterienarten gezielt fördern zu können. Dies geschieht vor allem im Wurzelraum.

So wurde etwa bei wildem Hafer nachgewiesen, dass die Pflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien unterschiedliche Stoffe wie Zucker, Fett- oder Aminosäuren über die Wurzeln abgeben, die bestimmte Bakterienarten besonders gut als Nahrung nutzen können. So fördert die Pflanze gezielt die Bakterien, die ihr in der jeweiligen Wachstumsphase besondere Vorteile bieten wie etwa die Versorgung mit bestimmten Nährstoffen oder der Schutz vor bestimmten Pathogenen.

Je mehr Bakterien, desto besser das Pflanzenwachstum

Laborstudien mit Basilikum lassen zudem vermuten, dass eine Pflanze umso besser gedeiht, je mehr Bakterien im Boden vorhanden sind und je breiter das Artenspektrum ist. Bei Versuchen mit Basilikumpflanzen in sterilisierten Böden stieg die Stoffwechselaktivität und die produzierte Pflanzenmasse mit zunehmender Biomasse und Artenzahl der zugefügten Bakterien. Offenbar wirkt sich eine hohe Biodiversität im Boden beziehungsweise im Wurzelraum positiv auf das Pflanzenwachstum aus.

Wie sehr Pflanzen von bestimmten Bakterien profitieren können, zeigte ein weiteres Forschungsprojekt. Darin wurden Bakterienstämme von Wildgerste, Reis und anderen Pflanzen aus besonders trockenen Gebieten auf Weizenkörnern angesiedelt. Anschließend simulierte man unter Laborbedingungen eine Dürrephase und beobachtete die Entwicklung der Weizenpflanzen. Das Ergebnis: Die mit den Bakterienstämmen aus Trockengebieten geimpften Pflanzen zeigten eine fünffach höhere Überlebensrate und bildeten bis zu 80 Prozent mehr Biomasse als die Kontrollpflanzen ohne Bakterien.

Bakterien können Pflanzen bei Dürre helfen

Dieser Effekt beruht offenbar auf einem Biofilm, den die Bakterien um die Wurzelhaare bildeten. Darüber hinaus bildeten die geimpften Pflanzen mehr Seitenwurzeln, die zudem dicker und länger waren. Auch die Wurzelhaare waren bis zu drei Mal länger als in der Kontrollgruppe. Mithilfe der deutlich vergrößerten Wurzeloberfläche konnten die Pflanzen das verfügbare Wasser im Boden besser nutzen.

Trotz der zahlreichen, beeindruckenden Einzelbefunde sehen sich die Forscherinnen und Forscher noch ganz am Anfang, die komplexen Interaktionen zwischen Pflanzen und Bakterien zu verstehen und daraus konkrete Anwendungen für die Landwirtschaft abzuleiten.

Wie lassen sich Bakterien für die Landwirtschaft nutzen?

Denkbar wäre zum Beispiel die gezielte Impfung von Böden mit Bakterienstämmen, deren positive Effekte nachgewiesen wurden, wie etwa bei Arten aus trockenen Anbauregionen. Für Knöllchenbakterien und Leguminosen, die erstmals auf einem Schlag angebaut werden, ist ein solches System bereits etabliert.

Doch was bei den aktuell erforschten Ansätzen mit Bakterien unter Laborbedingungen funktioniert, lässt sich nur schwer auf das Freiland übertragen. Denn damit sich eine zugeführte Bakterienart tatsächlich etabliert, muss sie sich unter natürlichen Bedingungen gegen unzählige Bakterien, Pilze und andere Bodenorganismen durchsetzen. Hinzu kommen wechselnde Temperaturen und Feuchtigkeitsbedingungen sowie eine maschinelle Bodenbearbeitung und Düngung. Und nicht zuletzt zeigte sich in verschiedenen Studien, dass die Zusammensetzung der Bakterien gerade im Wurzelraum sehr stabil ist und sich nur schwer verändern lässt.

Vielfalt auf dem Acker hilft Bakterien

Um dennoch die Vorzüge der Interaktion zwischen Bodenbakterien und Pflanzen zu nutzen, bleibt Betrieben derzeit nur die Möglichkeit, eine hohe Biodiversität auf dem Acker anzustreben. Denn Fachleute gehen nach derzeitigem Wissensstand davon aus, dass sich die vielen unterschiedlichen Eigenschaften der unzähligen Bakterienarten zum Vorteil der Pflanzen ergänzen und so gemeinsam das Wachstum verbessern. Das heißt, je größer die Bakterienvielfalt, desto besser für die Kultur.

Diese gewünschte Vielfalt im Boden lässt sich zum Beispiel durch eine möglichst vielfältige, breite Fruchtfolge erreichen. Auch Untersaaten, Zwischenfrüchte und eine Gründüngung fördern die Bakterienvielfalt im Boden. Noch effizienter wäre ein Mischanbau, bei dem man unterschiedliche Kulturen wie Leguminosen und Getreide gleichzeitig anbaut. Erste, vielversprechende Ansätze dieses sogenannten Mixed Croppings werden bereits in verschiedenen Entwicklungsländern praktiziert.

Letzte Aktualisierung 16.04.2024

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