Fachkräftemangel im Handel – Fiktion oder Realität?

Fachkräftemangel im Handel – Fiktion oder Realität?

Fachkräfte sind gefragt, in vielen Branchen herrscht schon jetzt ein Engpass. Das gilt nicht unbedingt für den Handel, dennoch sollten zeitnah Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Personal ergriffen werden. Dabei stellt die junge Generation andere Anforderungen an den Beruf als die Generationen zuvor.

Mit etwas mehr als 3,1 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Stichtag 30. September 2019) ist der Einzelhandel laut Handelsverband Deutschland (HDE) einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Mehr als 300.000 Unternehmen erwirtschaften jährlich einen Umsatz von 535 Milliarden Euro. Anders als in anderen Branchen hat die Digitalisierung und Technisierung nicht zu einem Stellenabbau geführt, so der HDE. Seit 2011 nahm die Zahl der Stellen sogar um 170.000 zu. Mit der Kauffrau beziehungsweise dem Kaufmann im E-Commerce ist 2018 ein neuer anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz entstanden. Schwerpunkt der Ausbildung liegt im Führen und Betreiben eines Onlineshops. Hinsichtlich der zehn häufigsten angebotenen Ausbildungsberufe belegen zudem die klassischen Berufsfelder der Kauffrau bzw. des Kaufmannes im Einzelhandel sowie der Verkäuferin beziehungsweise des Verkäufers seit Jahren Spitzenpositionen im Ranking der Bundesagentur für Arbeit. Im weiteren Sinne zählen aber auch Fachkräfte für Lagerlogistik und Fachinformatikerinnen und Fachinformatiker zum Berufsbild. "Insgesamt bietet der Einzelhandel duale Ausbildungen in über 60 Berufen sowie Abiturientenprogramme und duale Studiengänge an", so der HDE.

Sicherlich ist der Handel aktuell nicht so stark vom Fachkräftemangel betroffen wie das Handwerk, dennoch ist dies ein wichtiges Thema für die Zukunft. Denn einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge, könnten dem Arbeitsmarkt in Deutschland bis 2040 zwischen 3,1 und 4,2 Millionen weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen als bisher. Zum einen gehen bis dahin die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Babyboomer, in Rente, zum anderen ist die Zuwanderung aus dem Ausland schwer zu kalkulieren. Laut KfW-ifo-Fachkräftebarometer wurde die Geschäftstätigkeit von 20,6 Prozent der befragten Unternehmen im ersten Quartal 2021 vom Fachkräftemangel behindert. Engpässe zeigen sich demnach vor allem im Dienstleistungsbereich und im Bauhauptgewerbe. Im Bereich Handel meldeten 11,8 Prozent der Unternehmen einen Engpass.

Was ist den Azubis wichtig?

Wichtig ist daher dem Fachkräftemangel im Handel frühzeitig mit Ausbildung entgegenzuwirken. Doch oft ist es gar nicht einfach Auszubildende zu finden, zumal sich viele junge Menschen für ein Studium und gegen eine Ausbildung entscheiden. Hinzu kommt, dass sich Generationenkonflikt und demografischer Wandel zunehmend auf die Arbeitswelt auswirken. Daher ist es wichtig, die sogenannte Generation Z, die Geburtenjahrgänge 1995 bis 2010, hinsichtlich ihrer Anforderungen und Bedürfnisse an die Arbeit ernst zu nehmen. Denn die jungen Leute binden sich nicht mehr zwangsläufig an ein Unternehmen. Die Generation Z möchte vor allem unabhängig sein und geht offen auf die Arbeitswelt zu. Selbstverwirklichung, Spaß am Beruf, ein gutes Arbeitsklima sowie ein optimaler Mix aus Arbeitsleben und Freizeit stehen an erster Stelle. Anstelle der Work-Life-Balance fordert die Generation wieder klare Strukturen und feste Arbeitszeiten ein. Eine hohe Position im Unternehmen verknüpft mit einem hohen Gehalt strebt die junge Generation nicht unbedingt an. Viel wichtiger ist ihnen die Sicherheit des Arbeitsplatzes.

Da die jungen Menschen von klein auf in einer digital vernetzten Welt mit Smartphone, Laptop und Sozialen Medien aufgewachsen sind, bringen sie andere Voraussetzungen mit in die Arbeitswelt. Der versierte Umgang mit neuen Technologien, schneller Wissensabruf im Internet und Flexibilität zeichnen diese Generation aus. Entsprechend findet die Jobsuche zu einem großen Teil online über soziale Netzwerke und Berufsplattformen statt. Themen wie Nachhaltigkeit und Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung (Corporate Social Responsibility) sind bedeutende Themen bei der Jobsuche, bei denen die Unternehmen gefordert sind. Gerade in diesem Bereich kann der Bio-Handel bei der jungen Generation punkten.

Fachpersonal durch Weiterbildung gewinnen

Neben der Ausbildung sollte die Weiterbildung einen hohen Stellenwert im Unternehmen haben. Kundinnen und Kunden, die im Bio-Laden oder Naturkost-Fachhandel einkaufen, wollen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Belangen fachlich kompetent beraten werden. Auszubildende im Groß- oder Einzelhandel können sich beispielsweise schon während ihrer Ausbildung mit dem Onlinekurs "Bio-Wissen Azubipaket" vom FORUM Berufsbildung e.V. auf den Bio-Handel spezialisieren. Daneben bieten unter anderem die Weiling-Akademie oder die Demeter Akademie fortlaufend Schulungen zu verschiedenen Themen der Bio-Branche an, unter anderem eine mehrtägige Fortbildung zur "Fachkraft für Bio-Lebensmittel" mit IHK-Zertifikat.

Zusatzqualifikationen im Bio-Handel können in folgenden Bereichen erworben werden:

  • Naturkostberaterin/Naturkostberater (BNN/IHK)
  • Fachberaterin/Fachberater in Naturkost- und Reformwaren (IHK)

Angeboten werden diese Fortbildungen beispielsweise vom Bildungswerk des Bundesverbands Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. oder dem FORUM Berufsbildung e.V.. Die Kurse finden online oder im Präsenzunterricht statt, berufsbegleitend oder in Vollzeit und schließen mit IHK-Zertifikat, BNN-Zertifikat oder FBB-Zertifikat ab. Daneben bieten die Akademie Gesundes Leben und das Bildungsnetzwerk Naturkost vielfältige Kurse und Seminare zu unterschiedlichen Inhalten an. Die Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung im Bio-Handel sind vielfältig und sollten genutzt werden. Denn schließlich sichert qualifiziertes Personal den Erfolg des Unternehmens.

Letzte Aktualisierung 30.06.2021

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