Umsatzzahlen für Bio-Händler

Welche Umsatzzahlen für welchen Zweck?

Die Daten über die Umsatzentwicklung für den Bio-Fachhandel basieren auf verschiedenen Quellen und werden teilweise mit sehr unterschiedlichen Methoden ermittelt. Das führt immer wieder zu Abweichungen der Daten untereinander.

Was soll gemessen werden?

In vielen Fällen interessiert der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln und Bio-Getränken, denn dieser kann dann in Bezug zu den gesamten Ausgaben der Bevölkerung für dieses Segment gesetzt werden. Die Gesamtausgaben für Lebensmittel und Getränke werden vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Hierbei werden Ausgaben für den Verzehr Außer-Haus nicht mitberücksichtigt. Will man also einen Bio-Anteil berechnen, so muss man die passende Produktabgrenzung vornehmen. Soll es rein um den Umsatz im Naturkost-Fachhandel gehen, kann man natürlich alle Warengruppen berücksichtigen. In jedem Fall sollte die genaue Abgrenzung des betrachteten Marktes benannt werden.

Betriebswirtschaftliche Auswertungen – Klaus Braun und Wobkom

Die Panel von den Kommunikationsberatungen Klaus Braun und der wobkom GmbH basieren auf betriebswirtschaftlichen Auswertungen von rund 200 beziehungsweise 100 Naturkost-Läden in Deutschland. Monatlich werden die Scanner-Kassendaten der beteiligten Fachgeschäfte ausgewertet. Sie lassen sich zwar nicht eins zu eins auf die Gesamtheit der Bio-Läden übertragen, geben aber ausführliche Auswertungsmöglichkeiten über Kassenbons, Kostenstrukturen in den Läden und Umsätze der Hauptproduktgruppen. Klaus Braun veröffentlicht die Ergebnisse quartalsweise bei BioHandel-online.de. Ein sehr ähnliches Konzept verfolgt die wobkom GmbH, an deren Panel rund 100 Naturkost-Läden teilnehmen. Die Daten werden quartalsweise in der Zeitschrift BIOwelt veröffentlicht.

An solchen Panels nehmen vor allem Geschäfte teil, die sich für ihre Zahlen interessieren und intensiv damit arbeiten. Sie sind deshalb tendenziell am Markt erfolgreicher. Kleinere Läden und vor allem Läden ohne Scanner-Kassen sind in den Panels eher nicht vertreten. Außerdem sind die meisten regionalen und die bundesweiten Filialisten nicht in der Stichprobe. Trotzdem spiegeln die so ermittelten Zahlen eine Realität wider, bei Hochrechnung auf den gesamten Sektor muss die systematische Verzerrung jedoch berücksichtigt werden. Beide Panelbetreiber suchen nach wie vor weitere Geschäfte für ihre Betriebsvergleiche. Wenn Händlerinnen oder Händler ihre Daten mit der Entwicklung der gesamten Branche abgleichen möchten, können sie sich bei Klaus Braun oder der wobKom GmbH melden.

NameDatentypStichprobe
BioVistaScannerdaten, HandelspanelCirca 260
Naturkostläden
(von 2.500)
Klaus BraunBetriebswirtschaftliche AuswertungenCirca 300
Naturkostläden
(von 2.500)
Wob HartmannBetriebswirtschaftliche AuswertungenCirca 100
Naturkostläden
(von 2.500)
BNNGroßhandelsumsätze18 Großhändler
(75 % des
Marktvolumens)
GfKHaushaltspanel30.000 Haushalte
(von 41 Millionen)
NielsenHandels- und Haushaltspanel20.000 Haushalte
(von 41 Millionen)

Großhandelsdaten des BNN

Der Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. (BNN) veröffentlicht quartalsweise Daten über die Umsatzentwicklung bei 18 Bio-Großhändlern in Deutschland. Die 18 Großhändler stehen nach eigenen Angaben für rund 75 Prozent des Marktvolumens im Naturkost-Handel. Dabei differenziert der BNN nach Umsätzen des Frische- und Trockensortiments. Diese Großhandelsdaten sind nur bedingt mit den Einzelhandelsdaten der anderen Panel vergleichbar, da eine andere Handelsstufe betrachtet wird. Außerdem werden Umsätze, die die Großhändler mit inhabergeführten Geschäften des Lebensmitteleinzelhandels (zum Beispiel Rewe oder Edeka Kaufleute) oder mit Großverbrauchern tätigt, nicht herausgerechnet. Natürlich bieten diese Daten einen guten Überblick über den Naturkost-Großhandel. Zu beachten ist, dass hier Naturkosmetik und andere Non Food Bio-Artikel normalerweise miterfasst werden.

Handelspanel für den Naturkosthandel - bioVista

Das bioVista Handelspanel erfasst die Scanner-Kassendaten von 260 Naturkost-Läden und 200 Reformhäusern. In diese Zahl sind laut Fabian Ganz von biovista auch die Umsatzmeldungen der Hersteller mit eingerechnet, die sich auf den gesamten Facheinzelhandel beziehen und damit auch die Entwicklung der Filialisten widerspiegeln. Auch hier können nur Betriebe teilnehmen, die Scanner-Kassen verwenden. Dadurch sind kleine Läden auch in diesem Panel nicht vertreten. Mit dem Scanner werden die Einkaufsmenge, der Packungspreis und der entsprechende Umsatz ermittelt. Dadurch können Absatz- und Umsatzentwicklung produktgenau ausgewertet werden. Über den Strichcode auf der Packung – die European Article Number (EAN) – können die Produkte eindeutig zugeordnet werden. Die Arbeit von bioVista besteht unter anderem darin, neue EAN-Codes aus Produktdatenbanken eindeutig bestimmten Produkten zuzuordnen. Lose Ware ohne EAN-Code kann bioVista nur als Sammelposten erfassen, nicht produktgenau.

Über das Handelspanel werden 100 Prozent der Verkäufe dieser Geschäfte ermittelt. Die teilnehmenden Läden erhalten monatlich Auswertungen zur Sortimentsoptimierung. So lässt sich auch die Wirksamkeit von Verkostungsaktionen oder auch Preisanpassungen in den Verkaufsdaten verfolgen. Interessierte Läden können sich bei bioVista melden.

Nielsen – Handelspanel ergänzt um ein Haushaltspanel

Ein ähnliches Handelspanel wie bioVista im Naturkost-Handel und in den Reformhäusern betreibt das Marktforschungsinstitut Nielsen für den Lebensmitteleinzelhandel und die Drogeriemärkte. Auch hier werden 100 Prozent der Verkäufe in den kooperierenden Geschäften produktgenau erfasst. Sollen die Ausgaben der Haushalte für Lebensmittel und Getränke erfasst werden, kommt es sogar zu einer "Übererfassung". Denn auch die Kleingastronomie und Kioske, aber auch Kindergärten oder Bürogemeinschaften kaufen in Supermärkten ein. Diese Lebensmittel sind aber dann dem Außer -Haus-Verzehr zu zurechnen. Da nicht alle Discounter mit Nielsen kooperieren, betreibt Nielsen zur Abbildung dieser Einkaufstätten auch ein Haushaltspanel mit 20.000 Haushalten in Deutschland. Dort werden auch Käufe im Naturkost-Handel und der Direktvermarktung erfasst. Dadurch ist auch Nielsen in der Lage, Aussagen zur Umsatzentwicklung im Naturkosthandel nach Produktgruppen zu treffen.

Haushaltspanel zeigen vor allem Entwicklungen, aber auch Strukturen

Das in Deutschland bekannteste Haushaltspanel ist das der GfK (Growth from Knowledge). Die GfK betreibt ein Panel mit 30.000 Haushalten in Deutschland. Diese Haushalte sind hinsichtlich von Merkmalen wie Einkommen, Alter, Bildungsstand und regionaler Verteilung repräsentativ für die 41 Millionen Haushalten in Deutschland. Die Panelhaushalte scannen zu Hause alle ihre Einkäufe. Das bedeutet, sie erfassen über ein mobiles Endgerät den EAN-Code der Produkte, den Laden, die Verkaufsmenge, den Preis und das Merkmal bio/nicht bio. Damit können verpackte Produkte eindeutig zugewiesen werden. Von den 30.000 Haushalten erfassen ausgewählte 13.000 Haushalte die Einkäufe loser Ware mit Hilfe eines Codebuches. Dort stehen Strichcodes beispielsweise für einzelne Apfelsorten zur Verfügung. Bei Obst, Gemüse, Kartoffeln und Eiern wird außerdem das Herkunftsland erfragt. Dieses muss im Laden ausgewiesen sein. Bei verpackten Produkten definiert sich das Merkmal bio aus dem EAN-Code. Bei losen Produkten dagegen muss der Haushalt dieses Merkmal zuordnen. Die Haushalte erhalten entsprechende Schulungen für die richtige Zuordnung, trotzdem ist sie nicht immer fehlerfrei. Die Agrarmarkt Informations-GmbH (AMI) hat in Zusammenarbeit mit der GfK ein Analyse-Tool entwickelt, das die Zuordnung anhand von Preisuntergrenzen überprüft, so dass zweifelhafte Daten eliminiert werden.

Da die Erfassung aller Einkäufe für die Haushalte sehr aufwändig ist, die Haushalte immer wieder Einkäufe vergessen zu scannen oder mit der Zeit "panelmüde" werden, können Haushaltspanel nie alle Einkäufe erfassen. Die Abdeckung liegt je nach Produkt und Geschäftstyp bei 80 bis 90 Prozent. Für Bio-Produkte liegt sie eher noch leicht darunter. Außerdem sind die Einkäufe im Lebensmitteleinzelhandel, aber auch in den Bio-Supermärkten, besser abgebildet als Einkäufe in der Direktvermarktung oder in kleineren Naturkost-Läden. Wenn die Haushalte viel auf einmal kaufen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie diese Einkäufe vollständig scannen. Trotz der Einschränkungen bei der Abdeckung sind Haushaltspanel ein zuverlässiger Indikator für Absatz- und Umsatzentwicklungen an den Märkten. Um die absolute Größe eines Marktes zu berechnen muss man jedoch die Lücke bei der Abdeckung ("Coverage") berücksichtigen.

Ein weiterer Vorteil eines Haushaltspanels sind die Informationen über die Haushalte. Beispielsweise lässt sich auswerten, welches Einkommen, welches Alter, welche Ausbildung oder welche Lebenswelt die Käuferinnen und Käufer von zum Beispiel Bio-Fleisch in den Discountern haben. Das kann ein Handelspanel nicht bieten.

Fazit: Für jede Fragestellung unterschiedliche Panel

Je nach Fragestellung haben die unterschiedlichen Panel ihre Vor- und Nachteile. Wer einen Überblick sucht, Entwicklungen sehen möchte, soziodemographisch auswerten möchte, halte sich an ein Haushaltspanel. Wer produktgenaue Auswertungen benötigt, sich benchmarken möchte, nutze lieber ein Handelspanel. Wer hingegen betriebswirtschaftliche Auswertungen braucht, dürfte mit den Panels von Klaus Braun und wobkom am besten fahren.


Kurz gefasst


Weitere Infos auf Oekolandbau.de:

Letzte Aktualisierung 23.10.2020

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