Ernährungssicherung und resiliente Lieferketten: zusammen denken und aufbauen
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Viele wissenschaftliche Studien und Beobachtungen des tatsächlichen Marktgeschehens belegen, dass ein bedeutender Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher eine Präferenz für regionale und oder deutsche Bioware haben. Gleichzeitig ist das Wissen vieler Verbraucherinnen und Verbraucher über die Herkunft der (Bio-)Lebensmittel oft gering. Während bei frischem Obst und Gemüse sowie bei Eiern über den Stempel eine Herkunftsangabe verpflichtend ist, wird die Herkunft der Inhaltsstoffe bei verarbeiteten (Bio-)Lebensmitteln in der Regel nicht ausgewiesen. Da Verbraucherinnen und Verbrauchern die Herkunft der Inhaltsstoffe meist unbekannt ist, können sie ihre Präferenzen für deutsche Inhaltsstoffe nicht durch ein entsprechendes Nachfrageverhalten äußern.
Laut der EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau sind alle Biolebensmittel mit einer Herkunftsangabe der Inhaltsstoffe zu kennzeichnen. Ein Produkt kann jedoch nur dann mit einer nationalen Kennzeichnung versehen werden, wenn 98 Prozent der Rohstoffe aus dem jeweiligen Land kommen. Verarbeitete Produkte erfüllen dieses Kriterium nur selten, so dass die meisten Verarbeitungsprodukte mit "EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft" gekennzeichnet sind. So kann beispielsweise eine Wurst mit 100 Prozent Fleischanteil aus Deutschland nicht mit "DE-Landwirtschaft" gekennzeichnet werden, da der Anteil an Gewürzen in der Regel größer als zwei Prozent ist. Deutlich großzügiger sind die regionalen Bio-Logos in Deutschland. "Bio-Siegel – HESSEN", ein Biosiegel, dass der Kundschaft zeigt aus welcher Region das ökologisch erzeugte Produkt stammt, verlangt, dass mindestens 90 Prozent der Hauptzutat aus Hessen stammen. Beim "Bio-Zeichen Baden-Württemberg" müssen die wertgebenden Bestandteile zu 100 Prozent aus Baden-Württemberg stammen. Lediglich das Bayerische Biosiegel verlangt eine 100 Prozentige Herkunft und Verarbeitung innerhalb des ausgewiesenen Gebietes. Die Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau bezüglich der Herkunft der Rohstoffe liegen somit deutlich über denen anderer (auch konventioneller) Herkunftskennzeichnungen, wie zum Beispiel "Gutes aus Hessen" oder "geprüfte Qualität Bayern" bei denen die Hauptzutaten aus dem jeweiligen Bundesland stammen müssen. Auch die EU-Verordnung (EC) 510/2006 über den Schutz geografischer Herkunftsbezeichnungen lässt einen größeren Spielraum: Bei Protected Geographical Indication (PGI) Produkten muss entweder die Erzeugung und / oder die Verarbeitung in der definierten geografischen Region stattfinden.
Regionale Lebensmittel und Biolebensmittel sprechen ähnliche Verbrauchergruppen an und stehen deshalb in Konkurrenz zueinander. Während das konventionelle Produkt ein Regionalsiegel trägt, steht auf dem Bioprodukt, dessen Inhaltsstoffe aus denselben Ländern beziehungsweise Regionen stammen der Herkunftshinweis EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft. Verbraucherinnen und Verbraucher, denen Regionalität besonders wichtig ist, werden sich in dieser Situation für das regionale und gegen das Bioprodukt entscheiden. Daher wäre es wichtig, auch bei Biolebensmitteln die deutsche oder regionale Herkunft deutlich zu kennzeichnen.
Letzte Aktualisierung 01.08.2017