Produkte aus der Region

Einkaufen – Produkte aus der Region

Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich Bio von hier. Das gelingt am besten mit regionalen Wertschöpfungsketten. Wie die praktisch funktionieren, zeigen wir an drei besonderen Produkten des Schloss Gut Obbach bei Schweinfurt. Im Hofladen des ausgezeichneten Naturland-Betriebes gibt es Gutsbrot und Gutsbier made in Franken. Und Brotaufstrich aus heimischen Sonnenblumenkernen.

Von der Braugerste über die Maische zum Gutsbier

Die relativ anspruchslose Braugerste passt perfekt zum ökologischen Anbau. Aber wer als Gutsbier Karriere machen will, muss besondere Qualitäten haben: Die Gerstenkörner müssen groß sein, wenig Eiweiß enthalten und vor allem gut keimen. Denn Malz entsteht aus gekeimter Gerste. Etwa sechs Tage lang weicht die Mälzerei Schubert in Schweinfurt die Obbacher Braugerste in Wasser ein, bis sie zu keimen beginnt. Anschließend trocknet sie das Malz und liefert es an die Brauerei Ulrich Martin in Hausen. Die Privatbrauerei vermischt es mit Wasser zur Maische und macht daraus die Bierwürze. 25 Tonnen Obbacher Braugeste ergeben 19 Tonnen Malz. Das reicht für 1.000 Hektoliter Bier. Die Brauerei füllt das Bio-Bier in 0,33-Liter-Flaschen selbst ab und schenkt es in der eigenen Gaststätte aus. Ein Teil fließt auch zurück in den Hofladen. Einziger Wermutstropfen: Der Hopfen stammt von einem Bioland-Betrieb aus dem 110 Kilometer entfernten Gräfenberg, da es in der Region keinen Bio-Hopfenanbau gibt.

Stationen:

  • Gerstenfeld → Mälzerei (12 km) → Brauerei (7,2 km) → Hofladen (19,2 km)
  • Hopfenfeld →  Brauerei (110 km)
  • Transportwege für Gutsbier: 19,2 Kilometer beim Genuss in der Brauereigaststätte, beim Kauf im Hofladen 38,4 Kilometer.

Vom Korn übers Mehl zum Gutsbrot

Roggen und Weizen werden direkt auf dem Schloss Gut Obbach getrocknet, gereinigt und gelagert. Damit das Mehl immer schön frisch bleibt, liefert Betriebsleiter Bernhard Schreyer meistens alle zwei Wochen eine Tonne Bio-Getreide in die gut 25 Kilometer entfernte Schlossmühle Untereuerheim. Die traditionelle Mühle im Kreis Schweinfurt mahlt sieben Tonnen Mehl täglich, ein Bruchteil im Vergleich zu industriellen Mühlen. 60 Prozent des Obbacher Mehls bekommt die nahe beim Schloss Gut gelegene Bio-Bäckerei Wolz in Wasserlosen. Bäckermeister Thomas Wolz backt daraus das begehrte Bio-Gutsbrot. Etliche davon liefert er zum Hofladen. Wer lieber selbst backen will, erhält dort auch das regionale Mehl in Ein- und 2,5-Kilo-Gebinden.

Stationen:

  • Feld → Hofeigene Reinigungsanlage (0 km) → Mühle (25 km) → Bäcker (33 km) → Hofladen (4 km)
  • Transportwege für Gutsbrot: 58 Kilometer bis zur Bäckerei und 62 Kilometer bis zum Hofladen.

Von der Blume übers Öl bis zum Brotaufstrich

In der niederschlagsarmen Region gedeihen Sonnenblumen besonders gut. Daher bewirtschaftet das Schloss Gut über 100 Hektar Sonnenblumenfelder. Das Geschäft floriert, seitdem es in eine hofeigene Schäl- und Reinigungsanlage investiert hat. Das rechnet sich, weil auch 35 weitere Bio-Landwirtinnen und -Landwirte hier ihre Früchte aufbereiten lassen. Die Abnahme des Großteils der geschälten Sonnenblumenkerne garantiert das Lebensmittelunternehmen Zwergenwiese. Das norddeutsche Verarbeitungsunternehmen verarbeitet die geschälten Sonnenblumenkerne für seine vegetarischen und veganen Brotaufstriche. Die finden sich bundesweit in fast allen Naturkostläden. Das klingt zwar nach weiten Wegen, aber bei Sonnenblumen ist national schon regional. Bislang kommen Bio-Sonnenblumenkerne fast ausschließlich aus Osteuropa und China.

Stationen:

  • Feld → Hofeigene Schäl- und Reinigungsanlage (0 km) → Verarbeiter (616 km)  → Hofladen (616 km)
  • Transportwege für Brotaufstrich: 620 Kilometer im Flensburger Naturkostladen, im Hofladen 1232 Kilometer.

Drei Fragen an Petra Sandjohann: Menschen für regionale Lebensmittel begeistern

Petra Sandjohann liebt und lebt regionale Wertschöpfungsketten. Die Geschäftsführerin vom Hofladen erklärt im Interview, wie ihr Netzwerk aus Landwirtschaft und Verarbeitung die Region bereichert.

Oekolandbau.de: Wie profitieren Sie von den regionalen Wertschöpfungsketten?

Petra Sandjohann: Das Schöne ist, dass sich alle Partner gut kennen. Wenn es Probleme gibt, können wir diese gemeinsam lösen. Beispielsweise hatte der Bio-Bäcker mal Schwierigkeiten mit unserem Bio-Dinkelmehl. Das Brot blieb flach wie ein Pfannkuchen. Dann hat der Müller gemeldet, dass diese Mehlcharge zu wenig Klebereiweiß hat. Wir haben es dann mit einer kleberreicheren Partie vermischt. Der Bäcker hat den Teig länger ruhen lassen und fortan ging das Brot wieder auf. Alle haben mit ihrer Fachkompetenz dazu beigetragen, dass das Brot gelingt.

Beim Gutsbier haben wir die Mälzerei und die Brauerei auf den Bio-Wweg gebracht. Statt nur für uns als Lohnunternehmer zu arbeiten, haben beide ihren Betrieb bio-zertifizieren lassen. So könnten sie zukünftig auch für andere Bio-Betriebe arbeiten.

Oekolandbau.de: Was bringen regionale Produkte der Verbraucherin und dem Verbraucher?

Sandjohann: Es geht vor allem um Transparenz und Vertrauen. Bei unseren Produkten wissen die Verbraucherinnen und Verbraucher genau, wo ihre Lebensmittel herkommen und wer sie herstellt. Statt anonyme Ware zu kaufen kennen sie die Gesichter hinter dem Produkt – beispielsweise den Bauern, den Müller und den Bäcker. Gleichzeitig unterstützen sie die Landwirte und handwerklichen Verarbeiter in ihrer Nachbarschaft. Die Wertschöpfung bleibt in der Region.

Oekolandbau.de: Warum sind regionale Produkte eigentlich oft teurer als Bio-Ware aus dem Ausland? Die Transportwege sind doch viel kürzer.

Sandjohann: Ja, aber die Transportkosten sind viel zu gering. Umweltbelastungen sind da nicht eingerechnet. Außerdem sind die Lohnkosten im Ausland viel geringer. Die EU-Bio-Paprika aus Spanien oder die Bio-Orange aus Marokko sind bestimmt nicht besonders fair hergestellt. Dort müssen die Erntehelferinnen und Erntehelfer für wenig Geld arbeiten. Außerdem schlägt die Logistik zu Buche. Bei kleinen, lokalen Mengen habe ich pro Stück einen höheren Aufwand von der Erzeugung bis zur Verpackung als bei Massenware.


Letzte Aktualisierung 22.08.2022

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