Agroforstwirtschaft

Agroforstwirtschaft – Bäume auf Acker und Weide

Die Mischung macht´s: In der Agroforstwirtschaft werden landwirtschaftliche Kulturen oder Grünland mit Tierhaltung gemeinsam mit Gehölzen auf einer Fläche angebaut und genutzt. Dies hat ökologische und ökonomische Vorteile.

Allerdings bildet eine einsame Eiche auf einer Weide oder eine Hecke neben dem Acker noch keinen Agroforst. Stattdessen müssen die Gehölze genau wie Getreide oder Gemüse einen Ertrag bringen. Außerdem sollten sich die Gehölz- und Ackerkulturen gegenseitig bereichern, so wie es in tropischen Waldgärten häufig der Fall ist: Dort spenden Palmen, Kakaobäume und Co. Schatten für Mais, Gemüse und Tiere und bremsen die Erosion.

Streuobstwiesen ernähren Mensch und Tier

Klassische Beispiele in unseren Breiten sind Waldweiden und Streuobstwiesen. Gras und Kräuter ernähren die Tiere. Die Bäume liefern Früchte und Holz. Aber auch Getreide, Kartoffeln und Co. lassen sich mit Bäumen gut kombinieren. Dabei können die Bäume in breiten Streifen direkt im Acker stehen, einen Saum um die Felder und Weiden bilden oder dem natürlichen Geländeverlauf folgen. Außer Obstbäumen empfehlen sich Nussbäume und Esskastanien. Außerdem eignen sich fruchttragende Sträucher und holzliefernde Baumarten. Als besonders schnellwüchsig gelten Pappeln, Weiden und Erlen. Hauptsache, die Baumarten passen zum Standort. So brauchen beispielsweise viele Weidenarten einen Grundwasseranschluss. Dagegen wachsen Robinie, Sand-Birke und Feld-Ahorn auch auf trockenen Böden.

Bäume bringen Gewinn

Agrarforstsysteme bringen einen großen ökologischen Mehrwert. Sie steigern die Biodiversität und bieten Vögeln und Insekten einen Lebensraum. Bei der Anpassung an den Klimawandel könnten sie künftig eine Hauptrolle spielen: Die Gehölze schützen vor Austrocknung und halten das Wasser in der Fläche sowie die fruchtbare Humusschicht im Boden. Versuche der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg haben gezeigt, dass auf einer mit Wintergerste und Baumstreifen bepflanzten Fläche 20 bis 25 Prozent weniger Wasser verdunstet als auf einer Vergleichsfläche ohne Bäume. Entsprechend mehr Wasser bleibt für die Wintergerste übrig. Der Grund: Die Bäume beschatten den Boden und bremsen auf der untersuchten Fläche besonders höhere Windgeschwindigkeiten aus.

Mehrerträge möglich

Das Plus an Wasser steigerte in den brandenburgischen Versuchen auch den Ertrag der Wintergerste: Auf der Agroforstfläche ließen sich 6,2 Tonnen Gerste pro Hektar ernten, auf der baumlosen Vergleichsfläche nur 5,7 Tonnen pro Hektar. Allerdings verringert der Baumbestand die Ackerfläche: "Unsere Ackerkulturfläche im Agroforstsysteme war aufgrund der Bäume etwa 17 Prozent kleiner als die baumlose Vergleichsfläche, hat aber nur neun Prozent weniger Gerste gebracht. Wenn wir für einen Vergleich der Flächenproduktivität noch den Holzertrag der Agroforstfläche dazurechnen, ist die Gesamtproduktivität im Agroforstsystem um circa zehn Prozent höher", bilanziert der Bodenkundler Dr. Christian Böhm von der Universität Cottbus.

Erosion bremsen

In manchen Regionen können Agroforstsysteme helfen, die Landwirtschaft überhaupt am Leben zu halten. Beschleunigt durch den Klimawandel tragen Wind und Starkregen immer mehr der oberen fruchtbaren Bodenschicht vom Acker ab. "Ohne eine bodenschonende Bewirtschaftung gibt es bei uns in sechzig Jahren wohl nichts mehr zu ernten", befürchtet Eckhardt Jung, vom Biohof Jung aus Luckau. Auch deshalb setzt der Brandenburger Biokreis-Landwirt schon lange auf Bäume. Seine Schafe grasen auf Streuobstwiesen, die Freiland-Puten werden vom Frühjahr bis in den November auf Grünland mit Pappeln und Weiden gemästet. An kühlen Frühlingstagen schützen sich die Jungtiere unter anderem in Gräben und Gehölzstreifen vor Wind und Wetter. In der Sommerhitze zieht sich das Steppengeflügel gerne in den Schatten der Bäume zurück. Das Holz dient dem Betrieb zum Heizen. Die jungen Weidentriebe sollen künftig als Bio-Reiser an andere Bio-Betriebe verkauft werden.

Hühner brauchen Bäume

Bäume bieten Geflügel aber auch Schutz vor Greifvögeln. Gerade Legehennen trauen sich auf baumlosen Flächen aus Angst vor Greifvögeln gar nicht ins Freie oder nutzen nur die Auslauffläche dicht am Stall.

Umgekehrt müssen die Landwirtinnen und Landwirte ihre Jungbäume vor Tieren schützen. „Schafe lieben Laub und Rinde, Gänse und Puten in vermindertem Maße ebenfalls. Daher müssen wir unsere Bäume in den ersten paar Jahren einzäunen. Sonst bleibt nichts übrig“, weiß Jung aus Erfahrung. Außerdem brauchen neu gepflanzte Bäume in den ersten Jahren viel Pflege, vor allem Wasser. Aber dann profitieren Tiere und Mensch nur noch.

Bisher sind Agroforstprodukte im Laden noch nicht zu erkennen. Verbraucherinnen und Verbraucher können jedoch nach Agroforstprodukten fragen und Betriebe mit Baumnutzung unterstützen. Der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft denkt über ein Label nach.


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Letzte Aktualisierung 06.06.2023

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