Mit dem Küchenteam auf den Biohof

Mit dem Küchenteam auf den Bio-Hof

Wo kommen die Kartoffeln für unsere Küche her? Haben Bio-Tiere wirklich mehr vom Leben und warum setzen wir überhaupt Bio-Lebensmittel ein? Der Besuch auf einem Bio-Hof beantwortet diese Fragen und kann das eigene Küchenteam für den Bio-Gedanken begeistern. Die Erfahrungen aus drei beispielhaften Großküchen zeigen, wie es geht und was es bringt.

Im stressigen Küchenalltag bleibt nicht viel Zeit und Raum, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Besonderheiten und den Mehrwert von Bio-Lebensmitteln zu erklären. Umso mehr lohnt es sich für das Küchenteam, die Bio-Landwirtschaft einmal live zu erleben. "Besonders für Neueinsteiger ist das wichtig", meint Martin Friedrich, Küchenchef bei Esprit in Ratingen. "Nur so können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Gefühl für die Besonderheiten von Biobetrieben bekommen." Die Küche für die Beschäftigten des Textilunternehmens ist schon seit 15 Jahren biozertifiziert und hat mittlerweile einen Bio-Anteil von 70 Prozent. Bereits kurz nach der Zertifizierung hat das Küchenteam einen seiner wichtigsten Lieferanten besucht: den rund 20 Kilometer entfernten Stautenhof in Willich im Rheinland.


Film ab: Der Stautenhof: Träger des Förderpreises Ökologischer Landbau 2014


Lieferanten in die Kantine einladen

"Wir bekommen vom Stautenhof Fleisch von Lamm, Rind und Schwein sowie Eier und Kartoffeln. Der Hof ist sehr vielseitig. Von der Ferkelaufzucht über die Mast bis zur Schlachtung macht er alles selbst", erklärt Martin Friedrich. So konnten die Gäste neben Schweinestall, Hühnerwiese und Kartoffelacker auch noch die Fleischverarbeitung kennenlernen. Allerdings kosten solche Ausflüge viel Zeit und seien im Arbeitsalltag der Küche kaum unterzubringen, bedauert Friedrich. Dafür lädt der Küchenchef immer wieder Lieferanten in die Kantine ein. Der Örkhof in Velbert präsentiert Gemüse, ein Bäcker aus dem Windrather Tal Brot. Eine Referentin von Demeter Felderzeugnisse erklärt den biologisch-dynamischen Landbau. Davon profitieren nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Küche sondern auch die über 600 Restaurantgäste.

Wertschätzung für Bio-Lebensmittel erhöhen

Dass ein Gegenbesuch von Lieferanten in der Großküche Sinn macht, weiß auch Küchenmeister Hubert Hohler von der Buchinger Klinik in Überlingen: "Wir haben schon einigen Landwirten unsere Anlage gezeigt, sie über unser internationales Klientel aufgeklärt und ihnen damit vermittelt, wie notwendig die Qualität ihrer Produkte für uns ist", erklärt Hohler. Bei den regelmäßigen Betriebsausflügen der Küchenkräfte steht das Bio-Gemüse im Mittelpunkt. Denn die Klinik am Bodensee bietet ausschließlich vegetarische Bio-Speisen an. Bei einem Lieferanten, dem Hofgut Rengoldshausen, lernte das Küchenpersonal, warum biologisch-dynamische Betriebe samenfeste Sorten statt Hybridsorten bevorzugen und ihren Chicorée in Erde statt in Wasser treiben. Gerade auf solche Feinheiten und Qualitätsunterschiede komme es an, meint Hubert Hohler. "Unsere Mitarbeiter sollen erkennen, wie viel Arbeit schon in den Lebensmitteln steckt, bevor sie zu uns in die Küche kommen. Das erhöht die Wertschätzung für die Zutaten." Für den Betriebsbesuch im nächsten Jahr muss er jedoch lange nach einem Termin suchen. "Unsere Küche hat 365 Tage im Jahr auf. Damit alle mit können, fahren wir erst nach dem Mittagessen los und leisten uns ein paar Aushilfen fürs Abendessen."

Von Zeit zu Zeit Betriebsausflug

Der Hamburger Caterer Wackelpeter hat den jährlichen Betriebsausflug zu einem Besuch bei seinem Lieferanten Gunnar Söth genutzt. Der schleswig-holsteinische Biolandbetrieb versorgt den 100-prozentigen Bio-Caterer mit Gemüse und bereits geschälten Kartoffeln. Beeindruckt war das rund vierzigköpfige Küchenteam von der Sämaschine und der Bodenpräsentation auf dem Bio-Acker. "Wer will, bekommt bei so einem Hofbesuch viel mit. Besonders meine Mitarbeiter aus Ländern wie Ghana oder Afghanistan haben mit ihrem landwirtschaftlichen Hintergrund viel Interesse gezeigt", freut sich Firmenchef Jens Witt. Für den Ernährungswissenschaftler selbst ist der Umgang mit regionalen Bio-Betrieben täglich Brot: Etwa 60 Prozent seiner Lebensmittel stammen direkt von Landwirtinnen und Landwirten der Region. Aktuell schmiedet der gelernte Koch ein Lebensmittelbündnis für Zweinutzungshühner. Deswegen war das Küchenteam dieses Jahr beim Tierpark für bedrohte Nutztierrassen Arche Warder. Damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch wissen, warum sie bald überwiegend Eier von Zweinutzungshühnern verarbeiten.


Letzte Aktualisierung 04.08.2023

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