Nachhaltigkeits-Check für den Speiseplan

Nachhaltigkeits-Check für den Speiseplan

Nachhaltigkeit ist in vieler Munde. Doch wie nachhaltig sind die verwendeten Rezepte und Zutaten wirklich? Mit dem eigens für die Außer-Haus-Verpflegung entwickelten NAHGAST-Rechner können Köchinnen und Köche ermitteln, wie sich einzelne Lebensmittel und ganze Gerichte auf Umwelt, Gesundheit sowie Fairness gegenüber Mensch und Tier auswirken.

Die Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung verköstigten vor der Corona-Pandemie täglich bundesweit rund 16,5 Millionen Menschen. Immer mehr davon wollen sich bewusst und nachhaltig ernähren. Damit die Gemeinschaftsverpflegung das umsetzen kann, hat das Institut für Nachhaltige Ernährung der Fachhochschule Münster gemeinsam mit zwanzig Praxispartnern den NAHGAST-Rechner entwickelt. Mit diesem Online-Tool können Küchen die Nachhaltigkeit ihrer Gerichte berechnen und durch Anpassungen bei den Zutaten verbessern.

Das Prinzip – so funktioniert es

Beim Nachgast-Rechner umfasst die Nachhaltigkeit die Bereiche Umwelt, Gesundheit und Fairness gegenüber Mensch und Tier. Diese drei Bereiche werden wiederum mit verschiedenen Kriterien bewertet. Damit der Rechner loslegen kann, müssen Köchinnen und Köche ihn mit folgenden Informationen füttern: Zunächst müssen sie das Gericht benennen und Anzahl der Portionen eingeben. Dann folgen die Komponenten des Gerichtes wie beispielsweise Bratkartoffeln oder Rahmspinat. Außerdem müssen sie für alle Komponenten die Zutaten aus einer Liste mit 631 Zutaten auswählen und deren benötigte Mengen angeben. Zusätzlich klicken sie an, ob die Zutaten aus biologischem Anbau, artgerechter Tierhaltung beziehungsweise Fangmethoden (bei Meerestieren) oder fairem Handel stammen. Hinzu kommen die Zubereitungsart und Lagerung des Gerichtes.

Mit all diesen Informationen bestimmt der NAHGAST Rechner auf Grundlage einer komplexen Datenbank, wie nachhaltig das Gericht in den verschiedenen Bereichen ist. Damit die Bewertung gleich einleuchtet, folgt sie dem Ampelsystem: "empfehlenswert" (grün), "eingeschränkt empfehlenswert" (gelb) oder "nicht empfehlenswert" (rot).

Tabelle: Nährwerte (pro Portion)
 nicht empfehlenswerteingeschränkt empfehlenswertempfehlenswert
Energiegehalt (kcal)> 830 kcal830 kcal - 670 kcal< 670 kcal
Salzgehalt (g)> 3,3 g3,3 g – 2 g< 2 g
Kohlenhydrate (g)> 95 g95 g – 90 g< 90 g
_davon Zucker (g)> 19 g19 g – 17 g< 17 g
Fett (g)> 30 g30 g -24 g< 24 g
gesättigte Fettsäuren* (g)> 10 g10 g - 6,7 g< 6,7 g
Ballaststoffe< 6 g6 g- 8g> 8 g

* Nicht als eigenständiger Indikator ausgewiesen, wird aber im Zusammenhang mit dem Indikator „Fett“ im Hintergrund mitberechnet.

Tabelle: Umwelt (pro Portion)
 nicht empfehlenswerteingeschränkt empfehlenswertempfehlenswert
CO2 Äquivalente (g)> 1200 kcal800 g – 1200 g< 800 g
Materialverbrauch (g)> 4000 g2670 g – 4000 g< 2670 g

Als Klima-Referenzwert gilt der, im Kontext des politisch angestrebten 1,5 Grad-Ziels, maximal erlaubte CO2-Ausstoß von 800g CO2 Äquivalente bei einer Mahlzeit

Tabelle: Fair für Mensch und Tier (pro Portion)
 nicht empfehlenswerteingeschränkt empfehlenswertempfehlenswert
Fairtrade (Anteil in %)< 85 %85 % - 90 %> 90 %
Tierwohl (Anteil in %)< 55 %55 % - 60 %> 60 %

Beispiele aus der Praxis

Wer sich einfach nur mal schnell einen Eindruck verschaffen und sich inspirieren lassen möchte, kann sich die leckeren und nachhaltigen Rezeptideen der Nahgast-Community zusammen mit den Bewertungen des Rechners anschauen.

Wie man verschiedene Gerichte vergleichen und bei Bedarf auch in punkto Nachhaltigkeit optimieren kann, zeigen diese Beispielrezepte: Berechnet wurde ein Rezept für einen veganen Bulgur Salat mit Gemüse und ein Chilli con Carne mit Reis für jeweils zehn Portionen.

Rezepte

Bei diesen Gerichten kommt der NAHGAST-Rechner zu folgenden Ergebnissen.

In den beiden Bereichen Umwelt und Fairness für Mensch und Tier hat das vegane Gericht klar die Nase vorn und ist damit nachhaltiger als das Chilli con Carne mit dem eigesetzten Rinderhackfleisch. Das Chilli-Gericht landet bei der Fairness eindeutig im kritischen Bereich. Dies ließe sich jedoch mit einigen Klicks ändern. Zum Beispiel mit Hackfleisch aus artgerechter Tierhaltung, Fairtrade Vollkorn-Reis sowie Bohnen und Mais in Bio-Qualität. Noch ein Stück nachhaltiger gestaltet sich das Rezept, wenn die Küchenprofis statt Rinderhack Sojaschnetzel eingeben und Pfeffer, Olivenöl und Tomaten in Fairtrade Qualität auswählen. Bei dieser Variante sollten sie jedoch der Name des Gerichtes in Chilli sin Carne ändern. Das Rezept mit Bulgur lässt sich ebenfalls mit Zutaten mit Fairtrade- oder Bio-Siegel in Sachen Nachhaltigkeit noch ein Stück optimieren. In Bezug auf die Gesundheit – gemessen am Energiegehalt und den Nährwerten der Makronährstoffe – liegen beiden Gerichte etwa gleichauf in einem guten, aber noch nicht ganz optimalen Bereich.

Rechner und Ratgeber zugleich

Der Rechner bewertet nicht nur, sondern macht auch konkrete Verbesserungsvorschläge. Er zeigt zunächst die Werte des berechneten Rezepts und ordnet das Ergebnis anschaulich in eine dreistufige Skala von grün bis rot ein. Darüber hinaus informiert der Rechner, welcher Wert erreicht werden muss, um in den grünen Bereich zu gelangen. Auch ein Vergleich von zwei Rezepten oder zwei Versionen eines Rezepts ist möglich. Dadurch ist auf einen Blick zu sehen, welche Rezeptvariante oder welches Gericht auf dem Speiseplan nachhaltig punkten kann.

Fazit: schon jetzt hilfreich, aber bei Bio noch ausbaufähig

Der NAHGAST-Rechner basiert auf einer jahrelangen Entwicklung, umfangreichen Recherchen und einer komplexen Datenbank zur Einstufung von Lebensmitteln. Damit lassen sich Nachhaltigkeitsbewertungen objektivieren, besser nachvollziehen und über ein übersichtliches Ampelsystem auch gut an die Tischgäste kommunizieren. Allerdings kostet es etwas Zeit, sich in das System einzuarbeiten. Und noch ein Wertmutstropfen: Leider gibt es für einige Zutaten keine Bio-Option, da bislang speziell für diese Lebensmittel in Bio-Qualität die Ökobilanzen fehlen An diesem möchte das Projektteam künftig weiterarbeiten, sofern weitere Fördermittel fließen. Notwendig wäre es zudem, dass andere Projekte belastbare Zahlen für (Bio-) Lebensmittel bezüglich der Ökobilanzen beisteuern könnten.


Weitere Infos im Web:

Letzte Aktualisierung 17.04.2024

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